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ÖFSE-Experten untersuchen, wie sich das duale Bildungssystem Österreichs auf afrikanische Staaten übertragen lässt.

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Wien – Klimawandel bekämpfen, Ungleichheit verringern, menschenwürdige Arbeit für alle schaffen: Mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung haben die Vereinten Nationen Ziele definiert, um soziale Entwicklung mit Schutz von Umwelt und Klima in Einklang zu bringen. Der Frage, welche Herausforderungen bei der Umsetzung dieser UN-Nachhaltigkeitsziele in einer multipolaren Welt zu meistern sind, widmet sich die kommende Konferenz der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE).

"Was die UN-Ziele auszeichnet, ist, dass sie keine klassische Nord-Süd-Agenda sind, sondern auch für die Industrieländer selbst gültig sind", erklärt ÖFSE-Leiter Werner Raza. "Bis Mitte 2018 soll eine europäische Strategie entwickelt werden. Aus unserer Sicht ist das eine sehr wichtige Phase." Neue Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit wie China oder Brasilien müssen eingebunden werden, nationale und internationale Institutionen ihre Aktivitäten aufeinander abstimmen.

Bedeutungsgewinn

Die ÖFSE feiert im Rahmen ihrer Konferenz in Wien auch ihr 50-jähriges Bestehen. Die Gründer von 1967, der Österreichische Akademische Austauschdienst und das Afro-Asiatische Institut, wollten die Bibliotheken der beiden Organisationen zusammenlegen und die Bedingungen für Studierende aus damaligen Entwicklungsländern verbessern, blickt Raza zurück. Schon damals sollte es auch als Informations- und Dokumentationszentrum für Politik und Zivilgesellschaft dienen.

Nach 1945 kamen viele entwicklungspolitische Aktivitäten aus dem kirchlichen Bereich. Erst ab den 1970er-Jahren könne man laut Raza von einer staatlichen Entwicklungspolitik sprechen – getragen etwa von einer stärkeren internationalen Vernetzung der Regierung Kreisky. "In den letzten zehn bis 15 Jahren haben für die ÖFSE Forschungstätigkeiten und Beratung an Bedeutung zugenommen", so Raza. "Wir verstehen uns als Thinktank für entwicklungspolitische Fragen in Österreich."

Vorbild Lehrlingsausbildung

Im Rahmen einer Kooperation mit der Austrian Development Agency (ADA) fließen Analysen und Beratung in die Programmgestaltung der Entwicklungszusammenarbeit des Bundes ein. "Eine Aufgabe, die wir immer wieder wahrnehmen, ist, internationale Diskurse und Erfahrungen für Österreich aufzubereiten und hier zur Diskussion zu stellen", erklärt der ÖFSE-Leiter. Kooperationen gibt es vor allem mit Institutionen im deutschsprachigen Ausland.

In ihren Forschungsaktivitäten konzentriert sich die ÖFSE etwa auf Bereiche wie internationalen Handel, Bildung, Rohstoffe oder Entwicklung eines privaten Wirtschaftssektors. "In der Bildungsforschung geht es aktuell um die Frage, wie man duale Ausbildungssysteme in Entwicklungsländer übertragen kann", gibt Raza ein Beispiel. Die Lehrlingsausbildung, wie sie etwa in Österreich oder Deutschland praktiziert wird, dient dabei als Vorbild, um die Ausbildungsqualität in Staaten wie Burkina Faso, Äthiopien, Mosambik oder Uganda – die Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit – zu fördern.

Rahmenbedingungen schaffen

Im Bereich des Handels untersuchen ÖFSE-Experten die sozialen und ökonomischen Auswirkungen internationaler Abkommen. Die Liberalisierung des Handels kann als entwicklungspolitisches Instrument dienen, das die Exportmöglichkeiten nach Europa erweitert und die Wertschöpfung steigert. "Man möchte in den Subsahara-Staaten vom Fokus auf unverarbeitete Rohstoffe wegkommen und das eigene Angebot an Produkten und Dienstleistungen verbreitern. Für diesen Prozess braucht es die richtigen Rahmenbedingungen", erklärt Raza. Hier besteht auch die Gefahr, dass Zölle in den Entwicklungsländern zu schnell gelockert werden und die Importkonkurrenz zu rasch zunimmt. Die Thematik rund um die wirtschaftliche Entwicklung hat nicht zuletzt mit den Migrationsbewegungen aus Afrika neues Gewicht erhalten.

In der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele sei Politikkohärenz besonders wichtig, sagt Raza. "Es macht wenig Sinn, Maßnahmen in der Entwicklungszusammenarbeit durchzusetzen, wenn gleichzeitig andere Aktivitäten in der Agrarpolitik oder im Außenhandel diese Maßnahmen untergraben." Kooperationsstrukturen aufzubauen, die eine Abstimmung der Institutionen ermöglichen, sei Vorbedingung für die Umsetzung der UN-Ziele. Natürlich gehören auch eine entsprechende politische Rückendeckung für Nachhaltigkeit und globale Entwicklung dazu. (pum, 11.10.2017)