Die Dokumentation dessen, was in Österreichs Moscheen teilweise gepredigt wird, eröffnet haarsträubende Einblicke.

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Einen Tag nach der Präsentation der Studie "Die Moschee im Integrationsprozess" ging die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) mit einer Presseaussendung an die Öffentlichkeit. Danach meldete sich auch die Islamische Föderation Wien (Millî Görüs) zu Wort, deren Moscheen zu jenen sechs der untersuchten 16 Moscheen gehören, die sich aktiv der Integration von Muslimen entgegenstellen. Keine der beiden Erklärungen geht auf den Inhalt der Studie und die von unseren Mitarbeitern beobachteten und aufgezeichneten Predigten in Wiener Moscheen ein.

Stattdessen bestreiten beide Erklärungen die Wissenschaftlichkeit der Studie und sehen in dieser einen generalisierenden Angriff auf Muslime. Es fallen Zuschreibungen wie "dubiose Publikation", "Auftragsstudie" und "politischer Auftrag". Zudem kritisieren sie, dass die Auswahl der Moscheen nicht repräsentativ sei – eine Tatsache, die in der Studie selbst mehrmals erwähnt wird und auch bei der Präsentation betont wurde. Das Attribut "nicht repräsentativ" ist aber, anders als hier nahegelegt wird, kein Zeichen für Unwissenschaftlichkeit. Die Heterogenität der Wiener Moscheenlandschaft lässt sich nicht repräsentativ abbilden. Zudem existierten bis dato im deutschen Sprachraum keine Untersuchungen, die sich explizit mit den Predigtinhalten in Moscheen auseinandersetzten. Daher war die Studie auch nie als quantitative, sondern stets als qualitative Erhebung mit explorativem Charakter geplant, um grundlegendes Wissen zu generieren, das als Basis für weitere Untersuchungen dienen kann.

Die Leitfrage der vorliegenden Untersuchung lautete: Üben Moscheevereine einen Integration fördernden Einfluss auf ihre Mitglieder aus, oder versuchen sie Integration zu behindern? Um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, war die Besucherstärke einer Moschee der entscheidende Faktor für ihre Aufnahme in die Untersuchung. Gleichzeitig sollte aber auch ein möglichst breiter Überblick über die Moscheenlandschaft ermöglicht werden. Mit 16 Moscheen wurden etwas mehr als zehn Prozent der Wiener Moscheen untersucht.

Die größte ethnische Gruppe in der ethnisch strukturierten Moscheenlandschaft ist die türkische, gefolgt von der bosnischen und der albanischen. Mit sechs Moscheen sind in der Studie türkische Vereine aus den vier großen türkischen Moscheenverbänden gemäß ihrer aktuellen Dominanz vertreten. Zudem je zwei bosnische, albanische und arabischsprachige Moscheen und zwei Moscheen anderer ethnischer oder sprachlicher Gruppen (eine deutschsprachige und eine pakistanische) sowie zwei schiitische Moscheen. Damit ist die Struktur der Wiener Moscheenlandschaft gut abgebildet. Kleinmoscheen und bekannte salafistische Moscheen wurden bewusst nicht in die Untersuchung einbezogen.

Mit anderen Worten: Die Studie deckt die wichtigsten Gruppen innerhalb der Islamischen Glaubensgemeinschaft ab. Da jede Gruppe mit ihren größten Moscheen vertreten ist, ist das Ergebnis ausreichend aussagekräftig. Das versuchen IGGÖ und Millî Görüs (dt. "nationale Sicht") zu leugnen, während sie gleichzeitig hervorheben, dass ihre Moscheen "hervorragende Integrationsarbeit für Muslime" leisten.

Dem widersprechen die von uns in zumindest sechs der untersuchten Moscheen ermittelten Inhalte diametral. Die jahrzehntelange reflexartige Abwehr von Kritik an und Leugnung von Missständen sollten die Verantwortlichen der IGGÖ überdenken, denn wenn sie sich nicht zu den beobachteten und aufgenommenen Predigten in manchen ihrer Moscheen äußern, könnte angenommen werden, dass sie diese nicht für problematisch halten.

Was also sagt die IGGÖ ...

  • ... dazu, dass in einer ihrer Moscheen, konkret in einer Moschee der Islamischen Föderation (Millî Görüs), in einer Predigt 20 Minuten lang vom Jihad gepredigt und dabei auch der bewaffnete Kampf positiv konnotiert wurde? Einer Predigt, in der es hieß: "Um den Islam zu leben, leben zu lassen und dessen Hegemonie in der Welt zu schaffen, müssen alle Anstrengungen für den Jihad unternommen werden"? Einer Predigt, in der Sätze fielen wie: "Keine Wohltat kann dem guten Werk des Dienens so gerecht werden wie der Märtyrertod selbst, lehrt unser Prophet Mohammed" ?
  • ... zur Aussage eines Imams, der im Interview sagte: "Nicht der Koran muss mit der Demokratie vereinbar sein, sondern umgekehrt, die Demokratie muss mit dem Koran vereinbar sein"?
  • ... zur Aufteilung der Welt in Gläubige und Ungläubige und der in mehreren Moscheen damit verbundenen Abwertung Anders- und Nichtgläubiger, wie sie in einer Predigt zum Ausdruck gebracht wurde: "Im Fundament gibt es zwei zentrale Denkweisen, die über die Welt walten: 1. Der Glaube an Allah, der Weg Allahs. Wir nennen sie Gläubige und Muslime; 2. Der Unglaube. Diejenigen, die Allahs Existenz infrage stellen. Diejenigen, die gegen Allah rebellieren, die Allah leugnen, die gegen Allah Krieg führen"?
  • ... zu folgendem Bittgebet am Ende der Predigten in einer ihrer Moscheen: "Bitte, lieber Gott, die, die gegen uns sind, sollen entweder den richtigen Weg finden oder vernichtet werden. [...] Mach uns zu Soldaten des verborgenen Imams"?

Das sind nur einige wenige Beispiele aus den Predigten jener sechs Moscheen, denen wir aktive Arbeit gegen die Integration ihrer Mitglieder attestieren. Indem die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich hierzu nicht Stellung bezieht, lässt sie zu, dass radikale Moscheevereine und Kultusgemeinden alle anderen in Geiselhaft nehmen, ja letztlich die Muslime und Musliminnen in Österreich. Wie auch immer die IGGÖ die Moscheenstudie bewertet, die hier angeführten, überprüfbaren Zitate sind und bleiben ein nicht wegzudiskutierendes Problem. Die IGGÖ sollte sich entscheiden, ob sie weiterhin derartige Mitglieder decken oder endlich Verantwortung übernehmen will.

Aber auch die politischen Parteien in Österreich müssen sich einige Frage gefallen lassen, denn in ihren Reihen tummeln sich etliche Mitglieder konservativer und fundamentalistischer islamischer Organisationen. Mitglieder der Millî Görüs, in deren Moschee die erwähnte Jihad-Predigt gehalten wurde, werden ausgerechnet von der SPÖ immer wieder hofiert und zum Teil als Mandatare in Gemeinderäte entsendet.

Am Ende der Stellungnahme der Islamischen Glaubensgemeinschaft findet sich aber auch Überraschendes. Es sei eine Expertenkonferenz einberufen worden, "deren Ziel es ist, die Kriterien in den Moscheen und Kompetenzen der Imame zu konkretisieren". Damit werden indirekt Probleme eingeräumt. Vielleicht kann die IGGÖ diese Gelegenheit nutzen, um sich von den radikalen Strömungen in ihren Reihen zu distanzieren. (Heiko Heinisch, 24.10.2017)