Zugegeben, den Kindern gefällt's: In langen Schlangen stellen sie sich am Nationalfeiertag auf dem Heldenplatz oder rund ums Burgtheater an, um einen Blick ins Innere eines Panzers werfen zu können oder gar in einen Black-Hawk-Hubschrauber steigen zu dürfen. Andererseits: Würde man für die Kinder auf dem Heldenplatz überdimensionale Luftburgen aufbauen, tolle Klettergerüste montieren oder gar einen Abenteuerspielplatz gestalten – ihre Begeisterung wäre ebenso groß.

Die Kinder können also nicht das Argument dafür sein, dass rund um den 26. Oktober Jahr für Jahr in der Inneren Stadt Kriegsgerät aller Art unter Getöse aufgefahren wird. Nicht nur Touristen und aus dem Ausland zugezogene Menschen überkommen mulmige Gefühle beim Anblick von Panzern im Herzen Wiens. Es stellt sich auch die Frage, wie die Republik im 21. Jahrhundert ihren wichtigsten Feiertag begehen will: mit dem Aufmarsch von Militär oder doch vielleicht anders, moderner, friedliebender? Wie wäre es einmal mit einer "Leistungsschau" der anderen Art? Wenn Wissenschafter, Künstler, arbeitende Menschen aller Professionen stolz zeigen dürften, was sie täglich für dieses Land zu leisten imstande sind? Man befände sich damit – sieht man einmal vom Monturzauber-begeisterten Italien ab – durchaus im europäischen Mainstream. Deutschland begeht den Tag der deutschen Einheit bewusst nicht mit offiziellen Militärparaden, auch die Schweiz lässt lieber Lampions steigen und zündet Feuerwerke an.

Ihren ersten Nationalfeiertag beging die Zweite Republik erst zehn Jahre nach dem Staatsvertrag, 1965. Der offizielle Anlass war das Inkrafttreten des Neutralitätsbeschlusses am 26. Oktober 1955. Damals kam das kleine, neutrale Österreich an den Fronten des "Kalten Krieges" zwischen Ost und West zu liegen. Es galt zu betonen, dass man die "umfassende Landesverteidigung" ernst nimmt – auch wenn es die "Leistungsschau des Heeres" damals noch gar nicht gab. Die Parade auf der Wiener Ringstraße wurde erst 1995 eingeführt – just in dem Jahr, als Österreich der EU beitrat und etwaige militärische Bedrohungen dadurch gar nicht mehr bedrohlich waren.

Das Bundesheer soll auch weiter zeigen, was es kann und was es können soll – aber bitte nicht just im Zentrum der Hauptstadt. Das wirkt, freundlich formuliert, dann doch ziemlich retro. (Petra Stuiber, 24.10.2017)