1. 30 Prozente westwärts

Als aufmerksame Leserinnen und User von derStandard.at/Etat (selbst zwischen Feiertagen und Wochenenden) wissen Sie längst, was ich diese Woche erwarte: Österreichs nationale, wohl in ihrem Genre marktbeherrschende Nachrichtenagentur APA will bei ihrem Schweizerischen Pendant sda einsteigen. Offenbar mit 30 Prozent, im Tausch gegen ihre 50 Prozent an der Schweizer Fotoagentur Keystone. Beide stehen im Besitz der Medien ihres Landes, die APA als Genossenschaft, die sda als Aktiengesellschaft.

Was selbst Sie noch nicht wissen, Sie aber auch nicht weiter bekümmern dürfte: Ein Schippel Menschen, die mit dem Deal zu tun haben, wollen mich Montagfrüh zurückrufen, weil sie meine Anfragen mit Stichworten wie APA, Bern (der Sitz der Schweizerischen Depeschenagentur) oder Beteiligung im Kurzurlaub (in Bern?) oder an einem nun doch lieber freien Fenstertagfreitag nicht beantworten wollten. Vollstes Verständnis. >>> Update: sda und Keystone fusionieren, APA mit 30 Prozent größter Aktionär

Was ich an dem Deal besonders originell finde, wissen Sie seit Freitagabend: Wenn ich den Deal nicht überinterpretiere, verbündet sich da APA-Chef Clemens Pig mit den Schweizer Kollegen vielleicht sogar ein wenig gegen seinen Vorgänger und Ex-Geschäftsführungskollegen Peter Kropsch, der seit Anfang 2017 die dpa führt, also die große deutsche Nachrichtenagentur. Mit der dpa verbindet die schon sehr früh sehr innovations- und technologieorientierte APA etwa eine gemeinsame Tochter für Medien-Apps. Wenn ich die Umsätze von APA und sda (ganz banal – mit 30 Prozent ist von Konsolidierung ja keine Rede) addiere, komme ich auf 105 Millionen Euro; nicht so weit von der dpa, die für 2016 136 Millionen Gesamtumsatz kommunizierte.

2. Der Newsgeist

Wo man diese Woche sein sollte, wissen wohl auch ein paar Wochenschau-Userinnen und -Leser. Am Grab der verblichenen Verwandtschaft, wäre eine menschlich wie saisonal perfekt passende Antwort – aber in dieser Rubrik geht es ja nur sehr am Rande darum, was sich gehört und wann.

In der Woche aller Heiligen und Seelen kümmern sich die Knight Foundation und Google um den Newsgeist – ein (nach eigenen Angaben) "Un-Konferenz"-Format für kluge Köpfe der Medienbranche im weitesten Sinne, die nicht weniger als die Zukunft der News erforschen will, zu der man nur eingeladen werden kann (man kann sich freilich darum bemühen), und von der man nicht berichten darf. DER STANDARD ist übrigens auf diesen Un-Konferenzen auch weiterhin hochrangig vertreten.

Kai Diekmann, "Bild"-Boss außer Dienst, weiß wo's langgeht: die "Newsgeist"-Seite.
Foto: Newsgeist Screenshot

Ebenso klar ist: Ich bin natürlich nicht in Phoenix (wenn ich mich da nicht verhört habe) beim nächsten Newsgeist-Meeting. Alle Teilnehmer müssen ja auch zur Konferenz beitragen – was sollte gerade ich Schlossgespenst der alten Medien also dort? Wobei, Medienwandel...

3. To-Do-Liste für neue Regierungen

Am Montag darf ich ausnahmsweise auch Studierende der Wiener Publizistik- und Kommunikationswissenschaft mit meiner nicht rundum gefälligen Sicht der Medienpolitik behelligen. Ich überlege eine To-Do-Liste für neue Bundesregierungen. Eine sehr pragmatische: Was kann eine neue Ministerriege rasch ändern, und tut das auch meist, von A wie Austauschen von ORF-Personal über R wie Regierungswerbung bis Z wie "Wiener Zeitung"? Und eine zweite, mit anstehenden Themen von G wie GIS bis G wie Google.

Spannend wird zum Beispiel, ob und inwieweit die FPÖ die Vorstellungen ihres Stiftungsrats Norbert Steger für ein ORF-Gesetz zur Koalitionsbedingung macht.

4. Medienbild der Woche

Wo wir schon bei der Medienpolitik der neuen Bundesregierung sind: Ich alter ORFologe kann nicht anders, das ist für mich das Bild der Woche, der vorigen und vielleicht auch der kommenden, in der die Regierungsverhandlungen von ÖVP und FPÖ nun aber wirklich anlaufen.

Tarek Leitner präsentiert die "ZiB" zu Koalitionsgesprächen, die – absehbar – künftige Regierung hat hinter seinem Rücken offenkundig viel Spaß.
Foto: Screenshot ORF TVthek

Ich lasse mich gern vom Gegenteil oder alternativen medienpolitischen Routen überraschen.

Was sich da so zusammenbrauen könnte... kennen Sie gewiss aus der vorigen Etat-Wochenschau und den Links dort.

5. Verlag sucht Chef

Einen Chef sucht auch die Manstein-Fachverlagsgruppe nach dem – etwas schwierigenAbschied des Gründers Hans-Jörgen Manstein. Und es würde mich sehr wundern, wenn nicht der Headhunter der Kommunikationsbranche schließlich doch noch dafür zum Einsatz käme: Georg Unger (NGS Global). Unger und ich können einander übrigens bei der Arbeit winken, originellerweise über die Sparefrohgasse hinweg. Ein Sitzungsraum seiner Firma schaut Richtung vollverglaster Etat-Redaktion. Wir winken gern zurück. Wen ich besonders originell als Manstein-Manager fände, schreibe ich jetzt lieber nicht. Nur soviel: Er war schon einmal im Verlagskomplex von "Horizont" und "Cash" und Co, und er will dorthin wohl eher nicht zurück.

Naiv war ich vielleicht (auch) bei den jüngsten Medientagen. Ich glaubte Hans-Jörgen Mansteins Versicherung (entgegen meinem Informationsstand), er habe wegen einer Rechtsangelegenheit in Madrid seine (nunmehr letzte Chance auf eine) Eröffnungsrede der Österreichischen Medientage kurzfristig und im Widerspruch zum Programm geschwänzt. "Horizont"-Chefredakteurin Marlene Auer übernahm auch diese Aufgabe souverän. Vom Beitrag zur Frauenquote auf der Medientage-Bühne nicht zu reden.

6. Game of Clones

Aus der Wochenschau-Rubrik Wiederwasgelernt: Ich hab' bei Dentsu Aegis, der inzwischen zweitgrößten Mediaagenturgruppe in Österreich, vor ein paar Tagen nachgefragt, was denn der Hinweis bei jeder Puls4-Info über "Ninja Warrior Austria" bedeutet. Nämlich: "Ninja WarriorAustria – in Zusammenarbeit mit Dentsu Aegis Network." Antwort, simpel, aber für mich überraschend: Dentsu besitzt die TV-Rechte der – wo sonst? – in Japan erfundenen Actionshow.

Freitag kam dann die stolze Presseinfo von Dentsu Aegis, dass das nun auch in Österreich erfolgreiche Format der Dentsu-Content-Tochter The Storylab zuzuordnen sei. Und: "Für 2018 sind weitere Formate wie 'Game of Clones' und 'Hall Pass' geplant." Ich freu' mich schon vor, mit "Game of Clones" hab' ich ja Erfahrung.

"Game of Clones": Das Dentsu-Datingshowformat lief in Großbritannien auf E 4.
Foto: Channel 4

Die TV-Version verspricht allerdings Schlimmes: "The dating show of your creepiest dreams", befand der Guardian im Februar 2017, das Format lief in Großbritannien beim jüngeren Channel-4-Ableger E4. Bin gespannt, ob und wo das Format in Österreich landet. (Harald Fidler, 30.10.2017)