Bild nicht mehr verfügbar.

Am Bau werden viele Verstöße gegen Lohnvorschriften geortet.

Foto: Dpa/Malte Christians

Wien – In einem Punkt gibt es eine Übereinstimmung zwischen FPÖ und Arbeiterkammer. Für beide Organisationen steht die Bekämpfung von Lohndumping ganz weit oben auf der Prioritätenliste. Vor allem niedriges Entgelt für ausländische Bürger und der damit verbundene Lohndruck sind AK wie Freiheitlichen ein Dorn im Auge. Bei den Rezepten gibt es aber deutliche Unterschiede. Die FPÖ hält sektorale Beschränkungen beim Zugang auf den österreichischen Arbeitsmarkt für zielführend.

Die AK fokussiert hingegen auf den 170.000 Entsendungen. Dabei werden Arbeitnehmer aus dem EU-Ausland temporär nach Österreich geschickt. Ihnen gebührt zwar der hiesige Kollektivvertrag, doch bei den Sozialbeiträgen fällt die Abgabe nach den Regelungen des Heimatstaats an.

In der Realität sind ungarische oder slowenische Arbeitskräfte dadurch deutlich kostengünstiger als österreichische. Für Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein bedarf es hier einer Korrektur. Im Gespräch mit dem STANDARD schlägt er vor, bei Entsendungen einen Differenzbetrag einzuheben, damit EU-Ausländer die gleichen Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen wie Österreicher.

Lohndumping bei ausländischen Betrieben

Klein untermauert die Forderung mit Zahlen das Lohndumping betreffend. Hier führt die Bauarbeiter-Urlaubs- und -Abfertigungskasse (BUAK) regelmäßig Kontrollen durch und verfasst Statistiken. Für 2016 wurde erhoben, dass 44 Prozent der geprüften ausländischen Firmen, aber nur rund ein Prozent der inländischen Betriebe Anlass zu Beanstandung gaben. Es handelt sich dabei um einen Erstverdacht der Unterentlohnung. "Das ist ein offenes Problem", meint dazu Klein.

Neben der erwähnten Zusatzabgabe für ausländische Betriebe spricht sich der Arbeiterkammer-Mann für eine sozialpartnerschaftliche Kontrollinstanz aus, die auch Strafen verhängen können soll. Klein verweist dabei auf die Schweiz, in der eine derartige Stelle existiere.

Die Sicherung der Einkommen bringt die Arbeiterkammer auch ins Spiel, wenn es um die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern geht. Das mehrfach vorgebrachte Argument: Durch die breite Abdeckung der Beschäftigten via Kollektivverträge werde das Lohnniveau gewahrt. Dass das System bei einer Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft gefährdet sei, will Klein anhand des deutschen Beispiels verdeutlichen.

In Westdeutschland ist die sogenannte Tarifbindung in den vergangenen 20 Jahren von fast 80 auf knapp 60 Prozent gesunken, gleichzeitig hat sich der Niedriglohnsektor vergrößert. Der Anteil von Einkommensbeziehern, die weniger als zwei Drittel des Medianlohns erhalten, ist in Westdeutschland seit 2006 von 20,3 auf 22,5 Prozent gestiegen. In Österreich verharrt dieser Prozentsatz fast konstant unter 15 Prozent. Im großen Nachbarland gibt es keine Pflichtmitgliedschaft, was zur Zersplitterung der Tarife führe, meint Klein.

"Demokratisch legitimiert"

Das zuletzt ins Treffen geführte Argument, man könne die Arbeitgeber auch ohne Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer zur Anwendung der Kollektivverträge verpflichten, weist der AK-Chef zurück. Dann müsste eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht festlegen, welcher Betrieb zu welchem Fachverband zählt. Der Schritt bedürfe einer gesetzlichen Regelung und bedeute folglich eine "Verstaatlichung der Lohnpolitik". Außerdem würde möglicherweise in die Erwerbsfreiheit eingegriffen. Unter dem Strich würde "ein demokratisch legitimiertes System durch ein konfliktträchtiges System ersetzt", findet Klein.

Zudem sieht die Arbeiterkammer jetzt Vorteile auch für Unternehmen, die sich dank flächendeckender Kollektivverträge "darauf verlassen können, dass ihre Löhne nicht unterboten werden". Und: Für die Betriebe dienten die Mindestlöhne als "Produktivitätspeitsche", weil weniger gut wirtschaftende Unternehmen zur Verbesserung ihrer Angebote oder Abläufe gezwungen würden. (Andreas Schnauder, 31.10.2017)