Bevor Eve Eve waren, hießen sie Honey Ltd.
Ihr 1968 erschienenes Album gilt als Heiliger Gral des Universums Lee Hazlewood.

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Das Cover von "Take it and Smile" der Girl-Group Eve.

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Die Orgel lädt den Song fast schon sakral auf. Während James Taylor das Original noch artgerecht folkig aus der Gitarre geklampft hatte, fuhr Tom Thacker schweres Geschütz auf, als die Band Eve Taylors "Lo and Behold" interpretierte.

Er injizierte dem Song damit eine formelle Spiritualität, für die spezielle Aura sorgten die Stimmen. Sie vermitteln eine Verstrahltheit, wie man sie in Sekten nach der 90-Grad-Hirnwäsche und anschließendem Schleudergang vermutet. Danach ist lange nichts Ähnliches aufgetaucht.

Eve mit ihrer Version von James Taylors "Lo and Behold".
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Erst als sich in den 1980ern die Supergroup This Mortal Coil formierte, um als singende Trauerweiden Coverversionen in Richtung Friedhof der Namenlosen zu entsenden, klang das verwandt. Eve waren da längst Geschichte.

Eve – was für ein Name für eine Band. Knapper und aufgeladener geht's kaum. Eve war die Girlgroup dreier Damen. Als sie noch zu viert waren, hießen sie Honey Ltd. und bildeten so etwas wie den Heiligen Gral des Universums Lee Hazlewood. 1968 veröffentlichten Honey Ltd. ihr einziges, namenloses Album. Dafür waren die vier von Detroit nach Los Angeles gezogen.

Kirche und Marvin Gaye

Zu Hause waren sie mit der Musik aus der Nachbarschaft aufgewachsen. Mit Motown, Aretha Franklin, Marvin Gaye, … – selbst tirilierten sie im Kirchenchor und nannten sich bald The Mama Cats. Ihr oft erhaben wirkender Gesang mochte in den Lobpreisungen des Herrn seine Wurzeln haben.

In L.A. wollten sie weltliche Karriere machen. Dort liefen sie einem kleinen Mann mit großem Schnauz in die Arme: Lee Hazlewood. Der trug gerade schwer an den Millionen, die er mit Nancy Sinatra verdiente. Nebenbei unterhielt er sein Label Lee Hazlewood Industries, kurz: LHI. Dort fehlte ihm ein ähnlicher Star.

Rolling stoned

Hazlewood bat die Girls zu einer Audition, vollkommen stoned kamen sie der Einladung nach. Doch ihr Harmoniegesang überstrahlte noch den ärgsten Nebel. Lee hielt ihnen einen Vertrag hin, taufte sie Honey Ltd., trommelte die besten Studiomusiker jener Zeit zusammen, die Wrecking Crew, und drückte den Aufnahmeknopf: "Rolling."

Das schwer erhältliche Original erzielt heute Preise um die 2.000 Dollar, vor vier Jahren wurde es vom Label Light in the Attic erstmals wiederaufgelegt. Trotz seiner zeitgeistigen Qualität blieb ihm der kommerzielle Erfolg damals verwehrt. Unverständlich, wenn man ihrer verschlapften Version von "Louie, Louie" lauscht.

Honey Ltd. und ihre Sichtung von "Louie, Louie".
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Doch an der Westküste gingen und kamen die Trends damals schneller, als man von einem Trip runterkommen konnte. Honey Ltd. verfingen bloß als Fußnote der Hippieära.

Zwar gelang es Hazlewood über die Aufmerksamkeit, die er wegen Nancy Sinatra genoss, Laura Polkinghorne, Marsha Temmer sowie die Schwestern Alexandra und Joan Sliwin in ein paar wichtigen TV-Shows unterzubringen, eine Karriere zeichnete sich dennoch nicht ab. Bevor sie sich trennten, nahmen sie, zum Trio geschrumpft, noch ein Album als Eve auf: "Take it and Smile."

Drogistische Breitseite

Das war 1970 und das Verdienst von Produzent Tom Thacker, der an das Potenzial der Ladys glaubte. Wieder wurde die Wrecking Crew angeheuert und der junge Ry Cooder ins Studio gerufen. Eve erstellten eine Setlist. Acht Coverversionen und zwei Eigenkompositionen schafften es am Ende auf "Take it and Smile". Der Titel evoziert bereits eine drogistische Breitseite, der abgebremste Gesang argumentiert auch nicht gerade dagegen.

Eve sangen eine Mischung aus Folk und Rock und Country. Man mag an Emmylou Harris denken oder an das Projekt Rainy Day einiger Paisley-Underground-Granden, die in den 1980ern Songs aus der Hippiezeit interpretierten.

Nach "Lo and Behold" tragen die drei Sirenen mit "I've Got a Secret" ordentlich auf. Hal Blaine wischt lässig die Felle, ein Song wie "Give a Hand" schlägt deutlich in die Kerbe der Mamas and the Papas.

Girls haben Geheimnisse – Eve lüften ihre nicht: "I've Got a Secret".
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Dabei besitzt der Eve'sche Gesang eine Nonchalance, die an Diven des Film noir erinnert. Dylans "Go Your Way" ist angesichts der Bandbiografie fast schon als Resumee zu lesen, "Hello L.A., Bye-Bye Birmingham" hätte ein Hit sein können sollen müssen. Oft hast a Pech.

So super, und doch kein Hit: "Hello L.A., Bye-Bye Birmingham". Zugleich eines der wenigen Bilder, die von Eve existieren.
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"Take it and Smile" versandete als Rohdiamant. Vor ein paar Jahren wurde es erstmals auf CD veröffentlicht, die Originalplatte ist online leicht zu finden. Laura L. Polkinghorne heißt heute Laura Creamer und blieb als Einzige dem Business erhalten – vornehmlich als Backgroundsängerin. Sie hat für Bob Seger and the Silver Bullet Band gesungen – später auch für, Hüstel, Kid Rock. Daran wollen wir sie aber nicht messen.

Dann schon lieber an ihrer Sirene für Eve und Honey Ltd. (Karl Fluch, 7.11.2017)