AK-Präsident Rudolf Kaske legt seine Funktion im kommenden Jahr zurück.

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Wien – Rudolf Kaske, Präsident der Arbeiterkammer, geht in Pension. Er legt seine Funktion aus familiären Gründen im kommenden Jahr und damit vor Ende der bis 2019 laufenden Amtszeit zurück. Das wurde dem STANDARD am Dienstag aus gut informierten Kreisen bestätigt. Kaske bestätigte seinen Rücktritt im Rahmen einer Pressekonferenz am Vormittag.

Ausschlaggebend ist für Kaske nicht Amtsmüdigkeit angesichts der bevorstehenden schwarz-blauen Koalition, sondern eine schwere Erkrankung seiner Frau.

Seine Nachfolge solle bis zum Frühjahr geregelt sein, sagte Kaske, nannte aber keine Namen. Bereits im Vorfeld war etwa Bernhard Achitz, leitender Sekretär des Gewerkschaftsbundes, ins Spiel gebracht worden. Der erfahrene Sozialpolitiker hat dem Vernehmen nach aber auch Konkurrenten. So werden auch ÖGB-Vizepräsidentin Renate Anderl Ambitionen nachgesagt. Dass sie eine Frau ist, sei bestimmt kein Nachteil, meinen Eingeweihte. Auch Christian Meidlinger, Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, wird als Kandidat genannt.

Spekulationen auch über ÖGB-Chef Foglar

Den Arbeitnehmervertretern scheint ein größerer Umbau bevorzustehen. Zuletzt wurde auch spekuliert, dass ÖGB-Chef Erich Foglar seine Funktion abgeben könnte. Er hat das zuletzt offengelassen.

Ganz leicht wird es dem 62-Jährigen Kaske vielleicht nicht fallen, sein Amt abzugeben. Denn der AK drohen schwere Zeiten unter Schwarz-Blau. Von Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bis Senkung der Kammerlage geht die Problemlage für die Kammer, mit der sich nun ein neuer Chef herumschlagen muss.

Andererseits hat Kaske immer wieder damit geliebäugelt, sich vorzeitig zurückzuziehen und den politischen Ruhestand in seinem spanischen Feriendomizil zu genießen. Die Präsidentschaft in der Arbeiterkammer war für ihn der Höhepunkt einer langjährigen verdienstvollen Gewerkschafterkarriere. Dort bis ins Greisenalter zu verharren hätte auch nicht zu ihm gepasst.

Freundlicher Spitzengewerkschafter

Kaske gilt als einer der offensten und vermutlich als der freundlichste Spitzengewerkschafter überhaupt. Im höheren Funktionärsalter hat er sich auch allzu flotte Sprüche abgewöhnt, die ihn dereinst bekannt gemacht hatten. Als der damalige Chef der Tourismusgewerkschaft unter Schwarz-Blau davor warnte, dass die Republik brennen werde, wenn man die geplanten Sozialeinschnitte tatsächlich durchführe, taten ÖVP und FPÖ noch so, als stehe ein Bürgerkrieg bevor.

Dabei ist Kaske ein klassischer Sozialpartner, der persönlich sogar konsensorientierter ist als manche seiner Untergebenen in der Kammer. Seine Amtszeit leichter machte, dass die SPÖ während dieser in der Regierung war, was der Kammer traditionell die Umsetzung eigener Ziele erleichtert. Freilich, in roten Oppositionszeiten kann die AK ihr Profil besser schärfen. Kaskes Nachfolger wird öffentlich wohl ein Stück härter auftreten können und wollen.

Die Karriere Kaskes ist für einen Gewerkschafter nicht so untypisch. In eine Arbeiterfamilie hineingeboren, wuchs er in der Wiener Leopoldstadt auf. Seine Kochlehre absolvierte er im Wiener Hotel Intercontinental und arbeitete dort auch danach noch einige Zeit. Bis heute ist das Kochen eine seiner Leidenschaften. Betriebsräte kamen auch dann und wann einmal in den Genuss eines Kochkurses durch Kaske, der sich auf die Fahnen schreibt, all seine Aufgaben nie als Bürojob verstanden zu haben.

Erster Schritt als Jugendvertrauensrat

Seine ersten Schritte in der Arbeitnehmervertretung setzte Kaske als Jugendvertrauensrat. In der damaligen Tourismusgewerkschaft (HGPD) schwang er sich recht jung zum Zentralsekretär auf. Sein aktionistisches Talent zeigte sich rasch im Kampf um die Fünftagewoche, etwa als er mit 500 Menschen das Salzburger Sternbräu des ÖVP-Politikers Günter Puttinger "besetzte", indem man sich einfach an die Tische setzte und beim billigsten Getränk verharrte. Bei einer ähnlichen Aktion im Zillertal wurden die Gewerkschafter gar als "Teufel" verflucht, habe doch in der Region schon seit hudert Jahren niemand mehr zu demonstrieren gewagt.

Kaskes forsches Auftreten brachte ihn in den eigenen Reihen voran. 1995 wurde er Chef der HGPD und blieb das bis zu deren Auflösung im Rahmen der Vida-Gründung 2006. Bis dahin sollte es der auch für schräge Brillen und modische Anzüge bekannte Kaske noch zu erstaunlicher Bekanntheit für den Vorsitzenden einer Kleinstgewerkschaft bringen.

Als die Regierung Schüssel 2000 ihre ersten Sozialeinschnitte plante, drohte die Gewerkschaft mit Generalstreik, und Kaske unterstützte das mit markigen Worten: "Wenn einmal dieses Arbeitslosenheer marschiert, dann brennt die Republik." Massive Kritik von ÖVP und Freiheitlichen war die Folge, richtig zurückgerudert ist Kaske nie. Einige Jahre später geriet er noch einmal ein wenig in die Bredouille: Als der Bawag-Skandal aufflog, war er in der Gewerkschaftsbank Aufsichtsratsmitglied und einige Zeit dessen stellvertretender Vorsitzender.

Absprung in die AK

Mehr als ein paar Kratzer blieben nicht. Weiter ging es auf der Karriereleiter mit dem Vorsitz in der Vida, einem außerordentlich heterogenen Gewerkschaftsprodukt, das vom Eisenbahner über den Piloten bis zum Fußpfleger alles Mögliche vereint. Leicht hatte er es in der Vida nicht, sind die Interessenlagen der in der Gewerkschaft zusammengeführten Berufsgruppen doch sehr unterschiedlich. Insofern war Kaske für den Absprung in die AK durchaus dankbar. Die einzige Wahl, die er dort zu schlagen hatte, beendete er mit einem Plus. Im Anschluss führte er die Kammer recht unaufgeregt durch die vergangenen fünf Jahre.

Sollte Kaske politisch in Zukunft auftauchen, dann nur in ehrenamtlicher Funktion, versicherte er am Dienstag. Am ehesten könnte sich eine Aufgabe im Pensionistenverband ergeben. Vielleicht wird sich Kaske aber auch tatsächlich den Ruhestand gönnen. Verdient hätte er ihn. Mit 48 Berufsjahren hat der oberste Arbeitnehmervertreter die Voraussetzungen für die Hacklerregelung übererfüllt. (as, APA, 7.11.2017)