Mit zunehmender Zahl öffentlicher Ladestationen soll das Interesse an Elektroautos auch in Wien steigen.

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Wien – Noch sind Elektroautos in Wien eine exotische Erscheinung. Das könne und werde sich aber ändern, geht aus einer Studie der Technischen Universität (TU) im Auftrag von Wien Energie hervor, die am Dienstag präsentiert wurde. Demnach werden im Jahr 2030 bei Fortsetzung des Aktionsprogramms der Bundesregierung inklusive Kaufprämien und eines parallelen Ausbaus der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum gut 80.000 rein batteriebetriebene Autos in Wien zum Verkehr zugelassen sein.

"Wir haben drei Szenarien gerechnet", sagt Paul Pfaffenbichler, der Projektverantwortliche am Institut für Verkehrswissenschaften der TU. In Szenario eins sei man von der "sehr unwahrscheinlichen Annahme" ausgegangen, dass es unter künftigen Regierungen keine Förderung der Elektromobilität mehr geben werde und einzig der technische Fortschritt bei Elektroautos den Kaufanreiz bilde. Selbst dann steige die Zahl laut Modellrechnung von derzeit 1.400 in Wien zugelassenen batteriebetriebenen Privat-Pkws auf 30.000. Bei Umsetzung des noch von der alten Regierung aufgesetzten Aktionsprogramms sei fast mit einer Verdoppelung zu rechnen, und wenn zusätzlich noch vermehrt Lademöglichkeiten entlang der Straßen geschaffen werden, eben mit mehr als 80.000.

Verkehrswende notwendig

"Ohne Verkehrswende gibt es keine Energiewende", sagt Michael Strebl, Chef der Wien Energie, unter Hinweis auf die in Paris bei der Klimakonferenz vor zwei Jahren vereinbarten Ziele einer Begrenzung der Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit. Während die CO2-Emissionen in der Industrie zuletzt gesunken und bei privaten Haushalten sogar stark rückläufig seien, zeige der Verkehr eine gegenläufige Entwicklung. Das könne nur durch ein Zurückdrängen benzin- und dieselbetriebener Fahrzeuge und die Forcierung der Elektromobilität ausgeputzt werden, wobei der dazu verwendete Strom aus erneuerbaren Quellen stammen müsse.

Ideale Standorte für Ladestationen ermittelt

"Der Erfolg der Elektromobilität steht und fällt mit einer starken Infrastruktur", sagt Strebl. Vor knapp einem Monat hat Wien Energie den Zuschlag zur Errichtung von 500 Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten erhalten. Auf Basis der TU-Studie, in der auch ideale Standorte herausgefiltert wurden, soll nun die Umsetzung erfolgen. Bis Mitte 2018 soll es in jedem der 23 Bezirke zumindest fünf Ladesäulen mit dazugehöriger Parkmöglichkeit geben, bis 2020 sollen die restlichen Stationen fertig sein.

In die Finanzierung der auf 15 Millionen Euro geschätzten Ausbaukosten bindet Wien Energie auch die Bevölkerung über ein sogenanntes Bürgerbeteiligungsmodell ein. In bisher zwei Tranchen wurden 1,25 Millionen Euro eingespielt. Eine dritte Tranche, bei der Interessenten um 250 Euro pro Paket über einen Zeitraum von fünf Jahren Gutscheine im Gegenwert von bis zu 325 Euro einlösen können, wurde vor knapp zwei Wochen aufgelegt. Wie bei den ersten beiden Tranchen wurden erneut 2.500 Einzelpakete geschnürt. "Für uns ist das auch ein Kundenbindungsprogramm", sagt Strebl.

Gut zehn Prozent der in ganz Österreich angemeldeten rund 14.000 Elektroautos sind laut Pfaffenbichler in Wien angemeldet, was unterdurchschnittlich sei. Insgesamt sind in Wien 692.000 private Pkws zum Verkehr zugelassen. Mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur soll sich Wien Großstädten im Ausland annähern.

Keine Quoten für Elektroautos in EU

Unterdessen ist durchgesickert, dass die EU-Kommission am Mittwoch keine Quote für Elektroautos vorlegen wird. Wie das Nachrichtenportal "Politico" berichtet, werde es auch kein Malussystem bei Nichterreichen einer Benchmark geben. Stattdessen sei ein "positiver Ansatz" geplant, um klare Reduktionsziele erst bis 2025 und dann bis 2030 zu erreichen, die jene Hersteller belohnen sollen, die mehr Niedrigemissionswagen bauen.

Die EU-Gesetzgebung sei technologieneutral und werde das bleiben, hieß es dazu in Kommissionskreisen. Dabei gibt es laut "Politico" zwei Lager in der Kommission. Die einen wollten die E-Mobilität herbeiregulieren, die anderen seien Industriepolitiker vom alten Schlag, die zuerst an Arbeitsplätze denken, wenn sie Autoindustrie hören, dann an Ladeinfrastruktur und dass E-Autos Strom brauchen, dessen Produktion in Polen beispielsweise mehr CO2 verursacht als in Portugal. (Günther Strobl, 7.11.2017)