Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire vor dem Élysée-Palast in Paris.

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Paris – Nach Vermögens- und Tabaksteuer folgt in der französischen Steuerpolitik nun eine weitere umstrittene Reform: Die Nationalversammlung hat einen Steueraufschlag für Großunternehmen beschlossen. Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro Jahresumsatz sollen einmalig fünfzehn Prozent mehr Unternehmenssteuer zahlen. Für Firmen mit mehr als drei Mrd. Euro Jahresumsatz wird sogar ein Aufschlag von dreißig Prozent fällig. Finanzminister Bruno Le Maire rechnet mit zusätzlichen Einnahmen von fünf Milliarden Euro.

Präsident Emmanuel Macron verfolgt mit der Sondersteuer das Ziel, die Neuverschuldung in Frankreich wieder unter die EU-Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Zwar kommt Macron jetzt zugute, dass die Konjunktur in Frankreich langsam wieder anzieht. Trotzdem hat das Land weiterhin hohe Verbindlichkeiten. In den Vorjahren hatte man diese Grenze regelmäßig überschritten. Im vergangenen Jahr fiel das Haushaltsdefizit mit 3,4 Prozent noch höher aus, als die 3,3 Prozent, welche die Regierung ursprünglich angepeilt hatte. Im Jahr 2016 lag die Staatsverschuldung bei 96 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und damit bei einem neuen Höchststand.

Macron, der von einer "Renaissance Europas" träumt, hatte schon im Wahlkampf versichert, EU-Regeln einhalten zu wollen, um das Vertrauen in Brüssel zurückzugewinnen. Zudem stand die Pariser Regierung nach eigenen Angaben unter Zugzwang.

Geld fürs Schuldenzahlen

Denn im Oktober hatte der Verfassungsrat eine Besteuerung von Dividenden der Vorgängerregierung für ungültig erklärt. Der Staat muss den besteuerten Unternehmen deshalb rund zehn Milliarden Euro zurückzahlen. Die Sondersteuer soll dabei helfen, die Verbindlichkeiten zu finanzieren.

Genau das kritisierte indes der Arbeitgeberverband Medef. Mit dem Steueraufschlag lasse man diejenigen, die man illegal besteuert habe, die Erstattung zahlen.

Die Sondersteuer ist nicht die einzige von Macrons umstrittenen Reformen. Bereits im Oktober hatte die Mehrheit der Abgeordneten in der Nationalversammlung für die Abschaffung der Vermögenssteuer gestimmt. Macron verfolgte mit ihr das Ziel, Reiche zurück ins Land zu holen, die dadurch mehr investieren und Arbeitsplätze schaffen sollen. Zusätzlich beschlossen die Abgeordneten eine schrittweise Abschaffung der Wohnsteuer für 80 Prozent der Haushalte, wenig später auch eine Steuererhöhung bei zuckerhaltigen Getränken und Zigaretten.

Die Sinnhaftigkeit der neuen Reform für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes bleibt indes umstritten. In einer Untersuchung der Industriestaatenorganisation OECD aus dem Jahr 2010 heißt es, dass Unternehmenssteuern am schädlichsten für die wirtschaftliche Entwicklung seien. Die geringsten negativen Auswirkungen gebe es bei Steuern auf unbewegliches Vermögen. (jp, 7.11.2017)