Das Parlament, die Gesamtuni der Republik Österreich.

Foto: APA

Ein Bildungsstand ist natürlich schwer fassbar. Titelfetisch ist dabei abzulehnen, allein deshalb, weil sich Politiker Titel ja schon erkauft haben. In Respekt für das Hohe Haus kann auch angenommen werden, dass eigentliche alle Mitglieder für den Bildungssprecher infrage kommen. Eine Fliege müsste man sein, wenn das im Klub erörtert wird, am besten mit integrierter Kamera.

Positiv sind aber die vorrätigen intellektuellen Spezialitäten zu erwähnen, verbunden mit der Ahnung, welche Debatten Österreich blühen. Der Mathematiker und Physiker Prof. Taschner, Bildungstrumpf der neuen ÖVP, könnte dabei so etwas wie ein Regierungsrektor sein.

Als Schüler des elitären Wiener Theresianums passt Taschner perfekt zum Maria-Theresia-Spin der ÖVP, der sich so umschreiben lässt, dass Mozart vermutlich als Wunderkind auf dem wunderbaren Schoß der Kaiserin thronte. Die semantischen Linien dieser Begebenheit führen zum Wunderkind Sebastian Kurz. Taschner hingegen fördert angehende Wunderkinder im math:space des Museumsquartiers.

Dort wartet sicher ein Diskurs auf, der weiß, dass "mint" auf Deutsch Minze heißt und auf Italienisch "menta". Im Parla-menta ist also die Minze des Sprechens gefragt, die Frische der Schärfe des Wortes. Es sei auch an das Bonmot des legendären Germanisten Wendelin Schmidt-Dengler erinnert, der meinte, dass Philologie, ernsthaft betrieben, genauso schwierig ist wie Mathematik. Dieser Logik könnte folgen, dass Parlamentarier zu sein, ernsthaft betrieben, genauso schwierig ist wie das Wirken eines Professors.

In der ÖVP will sich des Weiteren Martina Kaufmann MMSc BA, Corporate-Grassroot-Expertin, um die Bildung kümmern. Diese Theorie erscheint aber wie eine Start-up-Wissenschaft mit riskanter Nachhaltigkeit, denn die Monetarisierung der Graswurzelmetapher wird irgendwann eine Kritik dieser politischen Ökonomie fördern. Sollte das Experiment der neuen Volkspartei zu viele Nerven kosten, könnte dem Klub noch das Wissens von Dr. Martin Engelberg, Psychotherapeut, helfen. Das Scheitern des Jus-Kandidaten Kurz hätte wohl zur Folge, dass er sein Studium auf einer eigens für seine wunderkindischen Bedürfnisse gegründeten Privatuniversität beenden würde.

Der Konjunktiv ist natürlich auch bei Mag. Kern zu führen. Es scheint nämlich fraglich, wie sich Kern aus diesem Schlamassel befreien will, dass er die Sozialdemokratie als Kanzler zum Ende des freien Hochschulzugangs überredete und es im Plan A bestätigte. Als Publizist mit Bahnchef-Erfahrung könnte er zur Buße eine fächerübergreifende Dissertation mit dem Titel verfassen: "Die Transportware Mensch und ihre mediale Inszenierung".

Bildungssprecherin Mag. Grossmann ist übrigens nicht mehr dabei, Wissenschaftssprecherin Mag. Kunzl schon. Ihre soziologische Kompetenz wird die SPÖ sicher auch brauchen. Dr. Rendi-Wagner ist als Tropenmedizinerin prädestiniert, die Notwendigkeit jener Bildung zu vermitteln im Zusammenhang mit dem, was uns im Klimawandel biologisch alles blüht.

Humoristisch bleibt sicher die Fantasie in Erinnerung, dass die FPÖ in womöglichen Koalitionsverhandlungen von der SPÖ den freien Hochschulzugang fordert. Die Blauen waren zuletzt nämlich dafür, immer schon war es besonders Mag. Dr. Graf, dem ein Comeback als Wissenschaftssprecher in Aussicht steht.

Der Experte für Stiftungsrecht verweist als Jurist auch auf einen spezifischen intellektuellen Nikolaus-Krampus-Effekt der FPÖ, der besagt, wie FPÖ-Juristen in derartiger, abendländischer Einheit mit ihren (Hobby-)Historikern vor dem Strafrichter auftreten. Der eigentliche Bildungskopf ist aber sowieso Kickl, dessen Parlamentsreden mit 30er-Jahre-Wortbetonung an einen gefürchteten Pauker gemahnen. Doch Kickl wird wohl nicht Bildungssprecher, eher Mag. Nemeth, Chef des einst liberalen Atterseekreis-Thinkthanks, vermutlich weil er als Liberaler einst Freiheit für Küssel forderte. Der Umstand, dass der Koalitionsverhandler für Bildung, MMMag. Dr. Kassegger, als "Professor" einer Bildungs-Gmbh namens Ingenium lehrt, ist schon ein guter Verweis auf Neos und die Bildung des freien Marktes. Es soll aber noch erwähnt werden, dass über die fragwürdige Methodik dieses teuren Ingenium-Studiums diskutiert wird.

Der Neos-Klub könnte das aufgreifen, schließlich haben sie den heimlichen Bildungsminister Dr. Strolz in ihren Reihen, der sicher auch auf dem freien Bildungsmarkt reüssieren könnte. Seine Dissertation trägt einen Titel, der ca. so lange ist wie der Parteiname und befasste sich mit demBereich der "Organisationsentwicklung". Strolz forschte dabei freilich im Auftrag des ÖVP-Wirtschaftsbundes.

Mit der Liste Pilz bleibt noch eine Partei neben der FPÖ, die den freien Hochschulzugang verteidigt. Auch haben sie ähnlich viele Juristen, die Expertise von Prof. Schroeder und Prof. Werthner fällt aufgrund der Listenerstellung weg. Mit Prof. Noll, dem die Sprache des Rechts ein akademisches Anliegen ist, wäre aber eine parlamentarische Revolution geborgen.

Die Pilz'sche Forderung nach vermehrten Enqueten mit Wissenschaftern, die dann jedoch mit noch weniger Publikum als sonst im Parlament referieren, trifft den Kern der Bildungsdebatte. In dieser sollte das Parlament exemplarisch als versprachlichte Gesamtuniversität unseres Staates verstanden werden, für alle offen wie die Gesamtschule, wie die Uni. (Uwe Matuschka, 8.11.2017)