Der mutmaßliche Filesharer litt an weit fortgeschrittener Demenz und konnte keinen PC mehr bedienen.

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Rechteinhaber beschäftigen verschiedene Firmen, die den Auftrag haben, die illegale Verbreitung geschützter Werke zu unterbinden und Verantwortliche ausfindig zu machen. Die dabei verwendeten Methoden werden aber immer wieder kritisiert. Bürgerrechtler und Netzaktivisten argumentieren, dass diese eine Gefahr für den Datenschutz darstellen können und oft nicht zuverlässig seien.

Dazu kommt es immer wieder auch zu Vorfällen, in denen Unschuldige mit Massenabmahnungen zur Unterzeichnung teurer Unterlassungserklärungen gedrängt werden, um sich potenziell noch teurere Gerichtsverfahren zu ersparen. Entsprechende Fälle kennt man aus den USA, aber auch aus Deutschland – das prominenteste Beispiel dürfte die "Redtube-Abmahnwelle", die vor allem 2013 und 2014 für viel Aufregung gesorgt hat.

Angeblich "Once Upon A Time in Venice" verbreitet

Als aktuelles Exempel dient nun ein Fall aus Seattle. Dort hat ein Bezirksrichter nun mehrere Klagen der Firma Venice PI "eingefroren" und nach weiteren Beweismitteln verlangt. Er zweifelt stark an der Sinnhaftigkeit der IP-Ermittlung, nachdem die vorgelegten Daten zur Vorladung eines Mannes geführt haben, der die ihm vorgeworfenen Taten unmöglich begangen haben konnte, schreibt Torrentfreak.

Dabei geht es um den Film "Once Upon A Time in Venice", eine Actionkomödie mit Bruce Willis in der Hauptrolle, die im Sommer diesen Jahres in die Kino kam und mittelprächtige Wertungen erhalten hat. Die Rechteinhaber haben, basierend auf der IP-Adresse des Internetanschlusses, gleich zwei Klagen gegen einen Mann namens Wilbur Miller lanciert. Der Vorwurf: Er habe den Film via Bittorrent weiter verbreitet.

Beschuldigter war nicht in der Lage, PC zu bedienen

Seine Witwe – er selbst war mittlerweile verstorben – übermittelte dem Gericht als Antwort Dokumente und ein Schreiben. Aus den Unterlagen geht hervor, dass Miller zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Vergehens 91 Jahre alt war. Er hatte demnach an weit fortgeschrittener Demenz gelitten und war weder geistig, noch körperlich in der Lage gewesen, einen Computer zu bedienen.

Die Werkzeuge zur Ermittlung der IP-Adressen von Copyrightsündern seien offensichtlich nicht akkurat genug, bemängelt der Richter. Zudem könne das Unternehmen nicht einfach auf Basis einer IP-Adresse im Trüben fischen und "Privatpersonen dazu drängen, Urheberrechtsverstöße zuzugeben oder Familienmitglieder, Freunde, Mieter oder Nachbarn in Verdacht zu ziehen".

Weitere Nachweise gefordert

Venice IP habe nun weitere Nachweise für die Plausibilität der Beschuldigungen vorzubringen, bevor er die Fortführung des Prozesses zulasse. Da damit das Beweisverfahren auf Eis liegt, habe das Unternehmen zudem sämtliche Kommunikation mit den Beschuldigten bis dahin zu unterlassen.

Weitere Nachweise müssen zudem zusätzlich durch die Aussage eines Experten gestützt werden. Der Richter möchte eruieren lassen, ob es möglich sei, dass IP-Adressen in einem Bittorrent-Netzwerk gefälscht werden können. Sollten binnen 28 Tagen keine ausreichenden Informationen geliefert werden, so werde die Klage abgewiesen. (red, 15.11.2017)