Andreas Schieder oder Michael Ludwig: Wer übernimmt das Ruder der Wiener SPÖ nach Michael Häupl?

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Wien – Andreas Schieder oder Michael Ludwig: 981 Delegierte müssen sich auf dem Landesparteitag der Wiener SPÖ Ende Jänner für einen Nachfolger von Landesparteichef und Bürgermeister Michael Häupl entscheiden. 157 Delegierte schickt der Wiener Ausschuss, das größte Gremium der Landespartei. Über ihn werden etwa Stadträte, Bezirksvorsteher und Parteiführung entsandt. Hinzu kommen 18 Delegierte über den Rechnungsausschuss und zwei aus dem Frauenkomitee.

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204 Delegierte kommen aus rund 30 sozialdemokratischen Organisationen. 120 von ihnen kommen von den Gewerkschaftern in der SPÖ. Man werde beide Kandidaten "abklopfen", sagte Christian Meidlinger, Chef der Gewerkschaft Younion. Andere Gruppen, etwa die Jugendorganisationen, aber auch die Red Biker, schicken ein bis sechs Delegierte.

Andreas Schieder hat sich am Mittwoch erst entschieden, ins Rennen um den Bürgermeistersessel zu gehen. Es gehe nicht darum, es besser als Ludwig zu machen, sondern einen Gegenpol zur schwarz-blauen Regierung im Bund zu bilden.
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Der Großteil der Stimmberechtigten, nämlich genau 600, wird von den Bezirken entsandt. Welcher Bezirk wie viele Delegierte schickt, ist ein gut gehütetes Geheimnis in der SPÖ, die die Zahlen nicht herausrücken will. Die Delegiertenstimmen eines Bezirks hängen von der Mitgliederstärke ab: Je mehr Menschen ihren Mitgliedsbeitrag einzahlen, desto mehr Stimmberechtigte hat der Bezirk auf dem Landesparteitag – so die Rechnung. Das bedeutet auch, dass die Delegiertenzahlen der einzelnen Bezirke von Jahr zu Jahr variieren können.

Bezirke gespalten

Klar ist, dass die größten Wiener Bezirke Favoriten (50 Delegierte) und Floridsdorf (47 Delegierte), Ludwigs Heimatbezirk, sind. Am wenigsten Delegierte würden die Bezirke sechs, sieben und acht (elf Delegierte) entsenden, heißt es aus Bezirkskreisen der Partei. Schieders Penzing hat rund 25 Delegierte.

Dass Ludwig, dem oft die großen Außenbezirke zugeordnet werden, einen Startvorteil gegenüber Schieder hat, glaubt man in der SPÖ nicht. So hat sich etwa Landtagspräsident Harry Kopietz aus Floridsdorf bereits für Schieder ausgesprochen. Auch in der Innenstadt ist man sich nicht über einen Kandidaten einig. "Er hat meine Unterstützung", sagte etwa Kurt Wagner, der Parteichef von Wieden, und meinte Ludwig.

"Kein Bezirk stimmt im Block ab", sagt Jan Krainer, Bezirkschef der Landstraße. Er will sich nicht auf eine Seite stellen. "Ich persönlich habe einen Favoriten", sagt er dem STANDARD. Das bedeute nicht, dass der gesamte Bezirk diesen Kandidaten unterstütze. In jedem Bezirk gebe es Stimmen für Ludwig und für Schieder.

Im Zweiten, der Leopoldstadt, lautet das Motto: "Fairer Wettbewerb hebt die Qualität", wie Gerhard Kubik betont: "Andreas Schieder und Michael Ludwig sind beide sehr gute Kandidaten mit unterschiedlichen Erfahrungswerten in der Politik." Insgesamt sind aus der Leopoldstadt 40 Delegierte beim Parteitag anwesend, davon sind 33 über das Bezirkskontingent nominiert.

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Treue Anhänger

Der ehemalige SPÖ-Bundesgeschäftsführer und Bezirkschef der Inneren Stadt, Georg Niedermühlbichler, gilt wiederum als treuer Anhänger Schieders. Zum STANDARD sagte er, er unterstütze Schieder nicht nur, sondern helfe, "wo ich kann". Schieders Kandidatur sei "ein sehr guter und wichtiger Schritt für Wien. Er ist ein Mann, der mitbringt, was wir brauchen." Ludwig habe viel als Stadtpolitiker geleistet, das wolle er nicht kleinreden. Niedermühlbichlers Bezirk schickt 22 Bezirksvertreter zum Landesparteitag. Hinzu kommen fünf Delegierte, etwa über den Wiener Ausschuss. Insgesamt hat der Bezirk 27 Stimmen.

Ebenso Siegi Lindenmayr, Bezirkschef der SPÖ Alsergrund. Er zeigte sich über die Kandidatur Schieders erfreut: "Eine gute Entscheidung für Wien", schrieb er auf Facebook.

Die Bezirkschefin von Margareten, Stadträtin Sandra Frauenberger, hatte Schieder – auf ihn noch vor Bekanntwerden seiner Kandidatur angesprochen – einen "tollen Politiker" genannt. Auch Finanzstadträtin Renate Brauner ist im Fünften aktiv. Sie sprach sich deutlicher aus: "Er hat meine Unterstützung." Margareten schickt 18 Delegierte zum Parteitag.

Doris Bures, Zweite Nationalratspräsidentin und SPÖ-Chefin in Liesing, ist hingegen deklarierte Ludwig-Anhängerin: Sie sagte, dass sie Ludwig für eine "hervorragende Nachbesetzung" Häupls halte. Ihr Bezirk stellt 38 Delegierte – plus jene, die über andere Gremien delegiert werden. (Oona Kroisleitner, 16.11.2017)

Dass die Trennlinien mittlerweile quer durch die Bezirke gehen, zeigt auch der "Wien heute"-Beitrag am Beispiel der Donaustadt.
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