Mnemiopsis leidyi, die Meerwalnuss, ist ein erfolgreicher Invasor.

Foto: Jaspers/Geomar

Kiel/Wien – Dass die Globalisierung nicht nur für den Menschen Folgen hat, ist bekannt. Täglich werden – absichtlich wie unabsichtlich – unzählige Spezies um den Globus transportiert. Dennoch schaffen es nur einige wenige Arten, sich in ihrer neuen Heimat zu etablieren und andere Arten zu verdrängen. Warum manche Einwanderer so erfolgreich sind, während sich andere nicht etablieren können, ist ein wichtiges Forschungsthema der Invasionsbiologie.

Ein Forscherteam unter der Leitung des Geomar-Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel ging der Frage nun am Beispiel der Meerwalnuss nach. Wie die Wissenschafter im Fachblatt "Global Change Biology" berichten, vermehrt sich diese Rippenqualle in fremder Umgebung im Durchschnitt deutlich früher als in ihrem angestammten Lebensraum vor Nord- und Südamerika.

Massenhafte Verbreitung

"Klassischer Weise haben invasive Arten eine breite Toleranz für variierende Umweltfaktoren, ein großes Nahrungsspektrum und hohes Reproduktionspotential. Doch diese Faktoren alleine bestimmen noch bei weitem noch nicht, wer in der neuen Heimat erfolgreich sein wird und wer nicht", sagte Cornelia Jaspers, Erstautorin der Studie. Die meisten Arten haben nämlich das Problem, dass sie keine Fortpflanzungspartner in der neuen Umgebung finden. Bei simultanen Hermaphroditen wie der Meerwalnuss spielt das freilich keine Rolle: Ein einziges Individuum kann mehr als 10.000 befruchtete Eier pro Tag produzieren. Seit den 1980er Jahren wurde das massenhafte Auftreten dieser Art in neuen Regionen zum Problem.

In Amerika, wo die Rippenqualle ursprünglich beheimatet ist, weist die Art eine große Varianz in ihrem Reproduktionspotential auf: Einige Tiere vermehren sich sehr frühzeitig, andere werden später geschlechtsreif und investieren die Energie vorher in Wachstum. Je größer ein Individuum ist, desto größer ist auch ihr Vermehrungspotenzial. Gleichzeitig steigt aber auch die Gefahr, bis zur Fortpflanzung zu sterben.

Fortpflanzungsvielfalt als Voraussetzung

Die optimale Strategie zur Eroberung eines neuen Lebensraums, so zeigten Populationsmodelle, ist für sie daher eine frühestmögliche Vermehrung. Untersuchungen bestätigten das: Sowohl im Labor als auch in der Natur findet in nicht-heimischen Gebieten eine viel frühere Reproduktion der Meerwalnuss statt. Im Durchschnitt vermehren sich die Quallen in eingewanderten Gebieten bei einer hundertfach geringeren Größe als in ihrer angestammten Umgebung. Das zeige, dass während der Invasion eine Selektion für eine frühere Geschlechtsreife erfolgt.

"Bisher war nicht bekannt, dass eine Vielfalt an Vermehrungsstrategien in der Ursprungspopulation für marine invasive Arten Voraussetzung ist, um erfolgreich zu sein", so Jaspers. "Unsere Studie zeigt, dass während der Etablierung in nicht-heimischen Gebieten Individuen mit früher Geschlechtsreife selektiert werden, um ein positives Populationswachstum sicher zu stellen." Das sei aber nur durch einen entspannten Selektionsdruck in der Ursprungspopulation möglich. Jaspers: "Also nur hohe Vermehrungsraten per se sind nicht der Schlüssel zum Erfolg, sondern die Bandbreite an Vermehrungsstrategien und frühzeitige Vermehrung bei sehr geringer Größe sind der Trick." (red, 16.11.2017)