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Bermuda lockt mit günstigen Steuerkonditionen, jetzt drohen schwarze Listen.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Drew Angere

Wien – Am Dienstag könnte der Kampf gegen Steueroasen etwas Fahrt aufnehmen. Beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel sollen unkooperative Jurisdiktionen auf eine schwarze Liste gesetzt werden. Europäischen Unternehmen könnte dann untersagt werden, mit den an den Pranger gestellten Ländern Geschäfte zu machen. Wer auf die Liste kommt – die Rede ist von 20 Ländern -, ist noch nicht klar, nur so viel: EU-Staaten sind nicht dabei.

Im EU-Parlament gibt es Rufe, auch Mitgliedsstaaten wie Malta, Irland oder Luxemburg auf die schwarze (oder graue – eine Vorstufe) Liste zu setzen. Das findet auch ein Zusammenschluss von NGOs, der Körperschaftsteuern und Steuervermeidung analysiert hat. Das Projekt wurde von der Organisation Eurodad koordiniert. In Österreich war das Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC) Partner.

Das Ende der Körperschaftsteuer

In der Untersuchung wird ein seit Jahrzehnten anhaltender Wettlauf nach unten beklagt, der die durchschnittlichen Unternehmensteuertarife seit den 1980er-Jahren von 40 auf 25 Prozent gedrückt habe. Halte dieses Tempo an, wären Betriebe im Jahr 2052 gar keiner Gewinnbelastung mehr ausgesetzt, meinen die Studienautoren. Die EU beteilige sich bei dieser Erosion höchstaktiv: Von den 28 Mitgliedsstaaten plus Norwegen sei in zwölf Ländern – darunter Österreich – die Senkung von Konzernsteuern geplant oder gerade umgesetzt worden. Lediglich Griechenland und Slowenien würden die Abgaben für Unternehmen erhöhen.

EU-Kandidaten für schwarze Listen

Doch das ist nicht alles. In dem Bericht wird die Praxis einiger Länder angeprangert, attraktive Konditionen für das Durchschleusen oder Horten von Gewinnen zu offerieren. An vorderster Front werden die Niederlande und Luxemburg genannt, auch Großbritannien und Irland stehen weit oben auf dieser Liste. Garniert werden diese Modelle von Schlupflöchern wie Patentboxen oder Sonderregelungen, bei denen vorab ein Deal mit den Steuerbehörden ausgehandelt wird (Advance Ruling).

Dazu kommen unternehmensfreundlichen Doppelbesteuerungsabkommen, bei denen Österreich besonders günstige Bedingungen nachgesagt werden. Laut der Eurodad-Untersuchung zählt die Ermäßigung auf die Quellensteuer beispielsweise bei Lizenz- oder Dividendeneinnahmen durch die Abkommen mit Entwicklungsländern mit knapp vier Prozent hierzulande zu den umfangreichsten.

Steuer-Samba

Die Praxis hat erst vergangene Woche Wellen geschlagen. Brasilianische Konzerne sind zuhauf in Österreich mit Tochtergesellschaften vertreten, um Steuern zu "optimieren". Laut Ö1 verfügt allein der tief in einer ganz Südamerika erfassenden Korruptionsaffäre steckende Baukonzern und Ölfeldausrüster Odebrecht über 20 Gesellschaften in Wien, die praktisch keine Steuern zahlen. Dabei geht es u. a. um die Vermietung von Schiffen und Bohrinseln, für die dank des Abkommens weder in Österreich noch in Brasilien eine Steuer anfällt.

Brasília hat die Problematik bereits erkannt und österreichische sowie niederländische Holdingkonstruktionen im Vorjahr auf eine graue Liste privilegierter Steuerregime gesetzt. Unternehmen, die Überweisungen zwischen den beiden Staaten tätigen, stehen somit unter genauer Beobachtung. Im Finanzministerium tat man zuletzt so, als wisse man nicht, wie man an den brasilianischen Pranger geraten konnte.

Nein zu öffentlichen Registern

VIDC – die Organisation kooperiert mit Attac – greift auch die Weigerung Österreichs auf, Konzerne zu verpflichten, die Steuerleistung länderweise zu veröffentlichen. Auch das Nein Wiens zu öffentlichen Unternehmensregistern, in denen auch die Hintermänner von Firmen genannt werden, wird einer kritischen Betrachtung unterzogen.

Hier wächst übrigens auch der Druck aus dem EU-Parlament. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses des Europaparlaments zu den Panama Papers, Werner Langen (CDU), hat kürzlich das österreichische Stiftungsrecht aufgespießt. (Andreas Schnauder, 4.12.2017)