Medan/Wien – Die Sundainseln in Südostasien waren einst die Heimat dreier Unterarten des Tigers. Zwei davon haben das 20. Jahrhundert nicht überlebt: der Bali-Tiger und der Java-Tiger, deren Lebensräume auf die gleichnamigen indonesischen Inseln beschränkt waren, wurden durch exzessive Bejagung und zunehmende Abholzung der Regenwälder ausgerottet.

Heute ist der Sumatra-Tiger die letzte Großkatze der Inselgruppe und eine der seltensten Tigerunterarten der Welt. Das Aussterben der benachbarten Verwandten führte zwar in den vergangenen Jahrzehnten zu umfangreichen Maßnahmen gegen die Wilderei, der Sumatra-Tiger gilt aber nach wie vor als ernsthaft bedroht. Der Bestand umfasst nur noch einige Hundert Exemplare.

Ein männlicher Sumatra-Tiger blickt über sein Revier im Nationalpark Barisan Selatan auf der indonesischen Insel Sumatra.
Foto: Matthew Scott Luskin

Fragmentierte Wälder

Ein Forscherteam um Matthew Luskin vom Smithsonian Tropical Institute in Washington sowie Mathias Tobler vom San Diego Zoo Global hat die Lage nun neu evaluiert und kommt im Fachblatt "Nature Communications" zu einem gemischten Ergebnis: Allem Anschein nach haben die Schutzmaßnahmen zwar Wirkung gegen die illegale Jagd gezeigt, die Zahl der Tiger ist in geschützten, unberührten Waldregionen seit den 1990er-Jahren jährlich im Schnitt um fünf Prozent gestiegen. Im selben Zeitraum sind aber die Lebensräume der Tiere so stark geschrumpft, dass von einer generellen Erholung der Population keine Rede sein kann.

Im Gegenteil: Seit Beginn des Jahrtausends sei von einem Rückgang des Gesamtbestands um 16,6 Prozent auszugehen, so Luskin. Inzwischen würden nur noch zwei stabile Unterpopulationen mit mehr als 30 fortpflanzungsfähigen Weibchen existieren, die aber voneinander isoliert leben. Luskin: "Die Fragmentierung der Urwälder bringt den Sumatra-Tiger trotz der Erfolge im Kampf gegen die Wilderei einen Schritt näher an die Ausrottung."

Männliches Jungtier im Nationalpark Gunung Leuser.
Foto: Matthew Scott Luskin

Konsequenter Schutz

Wie die Forscher ermittelten, verschwanden auf Sumatra zwischen 1990 und 2010 ganze 37 Prozent der ursprünglichen Waldfläche, vor allem durch Rodungen für die Palmölproduktion. Das dürfte die Sumatra-Tiger besonders stark treffen, da sie sehr große zusammenhängende Territorien benötigen, um ausreichend Nahrung zu finden – der Lebensraum eines Tieres umfasst etwa 400 Quadratkilometer. Zum Vergleich: Bengalische Tiger benötigen nur ein Viertel der Fläche.

Heute gibt es nur noch zwei Habitate, die groß genug sind, um den Erhalt der Art langfristig abzusichern: die Nationalparks Gunung Leuser und Kerinci Seblat. Wenn dort Wilderei und Abholzung konsequent unterbunden würden, seien längerfristig stabile Populationen auch ohne Zuchtprogramme möglich. "Wir hoffen, das ist ein Weckruf", so Luskin. (David Rennert, 7.12.2017)