Für Alleinerziehende solle es höhere Absetzbeträge geben, heißt es. Wie hoch diese sein werden und ob sie auch jenen zugute kommen werden, die steuerbefreit sind, ist noch offen.

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Eigentlich hätte die neue Regierung am Mittwoch Details vorlegen wollen, wie sie der Kritik, der geplante Familienbonus von bis zu 1.500 Euro benachteilige arme Familien, begegnen will. Wer sich vom Pressefoyer nach dem Ministerrat Konkretes erwartete, wurde jedoch enttäuscht.

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"Negativ wirken lassen"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte, für Familien mit geringen Einkommen werde es eine Anhebung des Alleinerzieherabsetzbetrags und des Alleinverdienerabsetzbetrags geben. Wie hoch diese Anhebung sein wird, ist offen. Zudem kommt auch diese Maßnahme nur jenen Eltern zugute, die überhaupt steuerpflichtig sind. Werden Familien unter der Steuergrenze also leer ausgehen? "Man kann auch Absetzbeträge negativ wirken lassen", sagte Kurz. Finanzminister Hartwig Löger hatte sich zuvor jedoch gegen eine Negativsteuer ausgesprochen.

Ein Sprecher von Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) weist gegenüber dem STANDARD darauf hin, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag bereits jetzt negativsteuerfähig sei – es sei also denkbar, auch künftig mit einem solchen Zuschuss zu hantieren. Für Detailauskünfte verweist das Familienministerium auf das Finanzministerium, dort war eine Stellungnahme bis dato nicht zu erhalten.

Wie und ob nichtsteuerpflichtige und nichtalleinerziehende Doppelverdienende entlastet werden sollen, ist ebenfalls offen.

Kleiner Bonus für Studierende

Auf die Kritik der Studierendenvertreter, dass der Familienbonus künftig nur bis 18 ausbezahlt wird, hat die Bundesregierung jedenfalls reagiert. Man werde für Kinder über 18 Jahren einen reduzierten Absetzbetrag von 500 Euro vorsehen, heißt es. Die Hochschülerschaft (ÖH) stimmt das nicht milde. Die Bundesregierung habe vor, Studierende im Vergleich zu minderjährigen Kindern "massiv zu benachteiligen", kritisiert eine Sprecherin des Vorsitzteams in einer Aussendung. "Es ist absurd, bei höherem finanziellem Aufwand weniger Unterstützung vorzusehen."

Kritik am geplanten "Familienbonus Plus" kommt von der SPÖ. Parteichef Christian Kern bezeichnete die von ÖVP und FPÖ geplante Entlastung von 1.500 Euro pro Kind ab einem Einkommen von 1.700 Euro als grundsätzlich positiv. "Die Art und Weise ist aber besonders unausgegoren und ungerecht. Das ist Stückwerk und folgt einer Ideologie, die wir für falsch halten", sagte Kern.

"Man verabschiedet sich damit vom Grundsatz, dass jedes Kind gleich viel wert sein soll." Kritik übte der SPÖ-Chef vor allem daran, dass Bezieher von niedrigeren Einkommen gar nicht erst in den Genuss des Familienbonus kommen würden. Die Regierung unterscheide zwischen Kindern, deren Eltern mehr verdienen, und Kindern, deren Eltern weniger verdienen. Mit zwei Kindern müsse man überhaupt zu den Besserverdienern gehören, wenn man Anspruch auf den Familienbonus haben soll.

"Völlig untauglich"

Für schlecht hält Kern auch die von der Regierung präsentierte Lösung für Alleinerzieherinnen, für die der Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag erhört werden soll. "Völlig untauglich", meinte Kern. "Ein Manager wird damit den Ballettunterricht seiner Kinder zahlen können, während Alleinverdienerinnen Almosen bekommen." SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek argumentierte ähnlich. Die Maßnahme sei eine Umverteilung hin zu Gut- und Bestverdienenden und benachteilige damit Frauen, meinte sie in einer Aussendung.

Das Argument, dass Menschen mit niedrigem Einkommen keine Steuern zahlen und deshalb auch nicht von Steuerentlastungen profitieren könnten, hält Kern für falsch. "Die zahlen jedes Mal Steuern, wenn sie Milch kaufen oder mit dem Bus fahren." Es brauche deshalb auch hier eine Entlastung. "Wenn man so viel Geld in die Hand nimmt, muss das allen Kindern in gleichem Ausmaß zugutekommen." Der SPÖ-Chef hält die Pläne alles in allem für eine "unausgegorene Wahlzuckerl-Aktivität vor den Landtagswahlen. Den Preis dafür wird man noch zu zahlen haben."

Kritik und Zustimmung

Der ÖGB kritisiert die schwarz-blauen Pläne, Lob kommt hingegen von Caritas und Wirtschaftskammer (WKÖ). Auch die Neos halten den Bonus für den "falschen Weg".

Caritas-Präsident Michael Landau ist hingegen zufrieden: "Ich hoffe, dass die erfreuliche Entwicklung beim Familienbonus Maßstab bei der Ausgestaltung des neuen Arbeitslosengeldes und bei der Mindestsicherung sein wird", sagt Landau. Die künftige Ausgestaltung müsse sicherstellen, dass Armut in Österreich nicht steigt. "Die Bekämpfung von Alters- und Kinderarmut müssen dabei oberste Priorität haben", forderte der Caritas-Präsident.

Kritik kommt hingegen vom ÖGB, der findet, dass Familienfreundlichkeit anders aussehe. "Je höher das Einkommen, desto höher die Entlastung, Eltern mit niedrigem Einkommen gehen leer aus", erklärte Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende Renate Anderl. Sie fordert, dass Geld- durch Sachleistungen ersetzt werden. Von Gratis-Kindergärten etwa würden alle Eltern gleich profitieren, unabhängig davon wie viel sie verdienen. Dies würde außerdem Frauen eine Erwerbstätigkeit ermöglichen, so Anderl.

Kindergartenplätze statt Geld

Auch die Arbeiterkammer ortet mangelnde Familienfreundlichkeit und fordert mehr Kinderbetreuungsplätze und ausreichende Öffnungszeiten. "Eine echte Entlastung für alle Eltern, nicht nur für Besserverdiener, wäre eine Reduzierung des Kindergartenbeitrags und dass der 12-Stunden-Tag nicht zur betrieblichen Normalität wird", erklärte Alice Kundtner, Leiterin des Bereichs Soziales in der AK Wien.

Die Neos begrüßen zwar das Vorhaben, die Steuerzahler zu entlasten, der Familienbonus sei aber der falsche Weg. Um echte Chancengerechtigkeit für Kinder zu stärken, präferiert die pinke Fraktion Absetzbeträge und Sachleistungen wie Betreuungsplätze. Sie fürchten, dass sich das Streichen der Absetzbarkeit für Kinderbetreuung negativ auf die Möglichkeiten der Frauen auswirken wird. (sterk, APA, 10.1.2018)