Österreichs Nischenchampions: Der Weltmarktführer für Schienenbaufahrzeuge Plasser & Theurer ist einer davon. Diese Unternehmen brauchen gute Rahmenbedingungen.

Foto: Plasser & Theurer

Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts 1989, und damit in weniger als 30 Jahren, hat sich die weltwirtschaftliche Architektur gänzlich verändert: In diesem kurzen Zeitraum hat Europa die Spaltung des Kontinents überwunden und einen erfolgreichen Binnenmarkt geschaffen. Gleichzeitig sind dynamische Wirtschaftsregionen zusätzlich zu den USA und Europa entstanden. Welche Schlüsse müssen Österreich und die EU daraus ziehen, um nicht ins Abseits zu geraten?

Neue US-Steuerpolitik

Gefragt sind keine ideologischen Schnellschüsse, sondern ein zukunftsorientiertes Konzept, das auf fundierter Analyse von komplexen Zusammenhängen basiert. So verfolgen die USA und China – Europas größte Mitbewerber auf den Weltmärkten – unterschiedliche wirtschaftspolitische Strategien.

Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und des US-Standortes soll durch eine massive Steuerentlastung für Betriebe und durch protektionistische Maßnahmen erfolgen. So soll die produzierende US-Industrie vor Wettbewerb geschützt und zunehmend Investitionen, etwa durch Senkung der Körperschaftssteuer (35 Prozent auf 21 Prozent), ins Land geholt werden.

Abschied von der Bühne

Aus dem bereits verhandelten Abkommen zur Transpazifischen Partnerschaft (TPP) haben sich die USA zurückgezogen, bestehende Freihandelsverträge, allen voran Nafta, stehen auf dem Prüfstand. Zudem nutzen die USA politische und wirtschaftliche Sanktionen, um ihre Politik durchzusetzen. Die traditionell engen transatlantischen Beziehungen sind im Umbruch. Die Vereinigten Staaten entfernen sich von der internationalen Bühne. Europa kann diesen Freiraum gestalten und die Globalisierung, beispielsweise fairen Welthandel, mitformen.

Chinas neue Rolle

China hat sich in kürzester Zeit von einer abgeschotteten Volkswirtschaft zu einem wirtschaftspolitischen Machtfaktor entwickelt, der heute nicht nur Warenexportweltmeister ist, sondern sich auch als öffentlichkeitswirksamer Verfechter des Freihandels darstellt.

Seinen expansiven Kurs trägt das Reich der Mitte offen zur Schau: Nach massivem Engagement in Afrika hat China auch den Staaten Mittel- und Osteuropas milliardenschwere Finanzierungshilfen für Investitionen (zum Beispiel in öffentliche Infrastruktur) zugesichert. Das ist ein weiterer Baustein zur Entwicklung der "Neuen Seidenstraße", die rund 65 Länder mit etwa 70 Prozent der Weltbevölkerung umfassen soll.

Dadurch würde Peking neue Handelsrouten schaffen und seinen globalen Einfluss noch einmal erhöhen. Während China auf offene Märkte setzt, schottet es sich selbst partiell gegen Wettbewerb ab und konterkariert damit fairen Welthandel.

Der Anteil der USA und der EU am Welt-BIP ist seit der Jahrtausendwende deutlich zurückgegangen; jener Indiens und Chinas explodiert. Ebenso haben andere Wirtschaftsregionen, wie Südostasien, Teile Afrikas oder Südamerikas an Bedeutung gewonnen. In dieser "neuen Welt" muss Europa rasch seine Rolle finden – denn internationaler Handel und faire Wettbewerbsbedingungen sind, gerade für eine kleine offene Volkswirtschaft wie Österreich, Voraussetzung für Wachstum, Arbeitsplätze und damit soziale Sicherheit.

Drei Folgerungen für Europa

· Marktzugang zu dynamischen Regionen Die Politik muss die Basis schaffen, damit Unternehmen den bestmöglichen Zugang zu Weltmärkten erhalten. Dafür benötigt es gut gemachte Wirtschaftspartnerschaften und Handelsabkommen mit verbindlichen "Spielregeln" und Standards, die Verstöße sanktionieren.

· Wettbewerbsfähiger Standort Unternehmen sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen Rahmenbedingungen, die ein erfolgreiches Arbeiten ermöglichen (zum Beispiel moderne Arbeitszeitregelungen, Investitionen in Innovation und eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote). Nur dann können sie ihre Produkte mit hoher Qualität und konkurrenzfähigen Preisen auf den Weltmärkten absetzen.

· Schnellere Entscheidungen Während andere Staaten auf globale Entwicklungen rasch reagieren, ist Europa oft in komplexen langwierigen Abstimmungsprozessen verhaftet. Dadurch gefährden wir unsere Wettbewerbsfähigkeit und unseren Wohlstand. Denn die Welt dreht sich weiter und wartet nicht auf uns.

Österreich profitiert massiv von den Chancen einer zusammenwachsenden Welt – 1,7 Millionen Arbeitsplätze sichern exportierende Unternehmen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass diese auch auf Importe und ausländische Direktinvestitionen angewiesen sind, um im weltweit immer intensiveren Wettbewerb zu bestehen.

Gute Freihandelsabkommen

Positiv ist, dass dies im neuen Regierungsprogramm als wichtiges Handlungsfeld für Österreichs Zukunft verstanden wird. Neben den Chancen darf aber nicht auf jene vergessen werden, die mit dem raschen Wandel nicht Schritt halten können. Dafür braucht es ein faires, finanzierbares Sozialsystem – dieses kann nur von wettbewerbsfähigen Unternehmen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf internationalen Märkten, unterstützt durch gute Freihandelsabkommen, erwirtschaftet werden. (Michael Löwy, 23.1.2018)