Wien – Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) stellt sich dem Thema Antisemitismus in der eigenen Community. Im Rahmen einer Kampagne sollen junge Menschen aufgeklärt und sensibilisiert werden, hieß es am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) betonte, dass Antisemitismus unter Muslimen nicht per se religiös motiviert sein müsse.

"MuslimInnen gegen Antisemitismus" lautet der Titel der Veranstaltungsreihe, die nicht nur Workshops und Besuche jüdischer Einrichtungen in Wien beinhaltet, sondern auch eine Studienreise zum ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Begleitung einer Zeitzeugin. "Das Thema Antisemitismus ist für uns zu ernst und wichtig, als dass wir es nur oberflächlich bearbeiten", erklärte MJÖ-Bundesvorsitzender Adis Serifovic die Motivation dahinter.

"Jeder Fall einer zu viel"

Polemische Aussagen im Wahlkampf dürfen laut den jungen Muslimen nicht zur Basis der Auseinandersetzung mit dem Thema sein. Auch besage die Statistik des Forum Antisemitismus für das Jahr 2016, dass neun Prozent aller dokumentierten Vorfälle einen muslimischen Hintergrund hätten. Serifovic und seine Vorsitzkollegin Canan Yasar wollen sich dennoch nicht auf den Zahlen ausruhen, jeder einzelne Fall sei einer zu viel, betonten sie.

Unterstützung für ihr Projekt haben die jungen Muslime vom Politikwissenschafter Andreas Peham, der unter anderem für das DÖW arbeitet, erhalten. "Sowohl die Linken als auch die Rechten könnten sich hier ein Scheibchen abschneiden", lobte er die Initiative der MJÖ. Keine Kooperation gibt es bei der Aktion übrigens mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), betonte Yasar. Man sei aber für jede Zusammenarbeit offen.

Peham betonte, dass das Thema wesentlich komplexer sei als gemeinhin angenommen. So könne man nicht von einem "islamischen Antisemitismus" sprechen, sondern eher vom "islamisierten Antisemitismus", der als "Verdichtung der unterschiedlichen Erscheinungsformen des europäischen Antisemitismus" zu betrachten sei. Ebenso wenig könne man von einem "Mitbringsel" aus den Herkunftsländern mancher Muslime sprechen.

Weniger religiös als sozial motiviert sieht Peham antisemitische Positionen vor allem unter Jugendlichen. Juden dienten oft als Projektionsflächen für Selbsthass. MJÖ-Vorsitzende Yasar hofft nun, dass die Aktion bei einigen Muslimen Berührungsängste abbaut: "Am Ende des Projekts hoffen wir, dass die Begegnung verstärkt wird und eine Sensibilisierung stattfindet." (APA, 24.1.2018)