Noch hat im Burgenland Hans Niessl (Mitte) das Sagen. Die rot-blaue Zukunft aber gehört Johann Tschürtz und Hans Peter Doskozil.

Foto: APA/Robert Jäger

Hans Peter Doskozil hat eine Eigenschaft, die selten geworden ist im Hamsterrad politischen Tuns: Er ist kaum emsig. Er wirkt wie einer, der nicht bloß von Termin zu Termin eilt und zwischendurch vergisst, worum es eigentlich geht. Sondern in all dem nötigen Trubel ungefähr weiß, was er will.

Rund um sich pflegt er aber eine zielstrebige Truppe hemdsärmelig Emsiger zu scharen. Er darf dann sein oder scheinen, womit er schon als Landespolizeipräsident in wahrhaft turbulenten Zeiten die Zuschauer zum Staunen gebracht hat: die Ruhe in Person.

Aber das darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Dosko – wie sie ihn nennen landauf und landab – auch ein eiserner Besen sein kann. Einen Monat ist der einstige Verteidigungsminister nun im Landesratsamt. Noch hat er nicht viel getan. Aber schon macht man sich aufs Schlimmste gefasst. Oder aufs Beste. Je nachdem.

Der Haupterblasser

Haupterblasser für Hans Peter Doskozil war der multitaskende Langzeitkultur-, Finanz- und Baulandesrat Helmut Bieler (1999–2017), der sichtlich gegen seine Herzensintention den Schreibtisch geräumt hat. Aber das war dem Neuen noch zu wenig. Geradezu handstreichartig stibitzte er seinem Vorvorgänger als Verteidigungsminister, Sozial- und Gesundheitslandesrat Norbert Darabos, die Spitalsagenden.

Doskozil übernimmt damit die Krages, die landeseigene Krankenanstaltengesellschaft, die vier der fünf burgenländischen Spitäler betreibt. Und die sich bekanntlich nicht nur mit arbeitsrechtlichen Fisimatenten plagt.

Krages-Knatsch

Den Geschäftsführer und den Chefjuristen hat man hochkant – und spektakulär – hinausgeworfen, vorm Arbeitsgericht versucht man seither, die leidige Angelegenheit schlüssig zu argumentieren. Ein neuer Geschäftsführer wäre mit dem Oberösterreicher Dietbert Timmerer zwar schon gefunden worden. Aber der sagte dann doch wieder – "aus persönlichen Gründen" – ab. Burgenlands größter Arbeitgeber (2.500 Mitarbeiter) und Burgenlands allzeitgrößte Baustelle – der Neubau des Oberwarter Spitals – sind seit fast einem Jahr ohne Steuermann.

Doskozil hat nun entschieden: Der Krages-Chef wird ganz neu ausgeschrieben, die Oberwarter Baustelle auch ganz neu abgeklopft, die 160 Millionen, die der Neubau ursprünglich kosten sollte und die Darabos ausdrücklich "in Stein gemeißelt" hat, seien, so Doskozil, nunmehr "ein historischer Wert".

Norbert Darabos wirkt zwar nicht unfroh, dieses Binkerl namens Krages weiterreichen zu können. Allerdings wurde er solcherart quasi in den Weißen Elefanten der Landesregierung verwandelt. Zum Ausgleich dafür wurde er zumindest zuständig gemacht für die "landeskundlichen Forschungen". Die wurden aus dem doskoziliaren Kulturbereich herausgelöst.

Zuständigkeitsverwicklungen

Im Zweifel ist einem das Hemd des kollegialen Abtausches halt doch näher als der Rock der so hoch gepriesenen rot-blauen Verwaltungsreform, mit der die Straffung und die Stringenz der jeweiligen Referatszuständigkeiten verkündigt worden ist.

Das gilt nicht nur für den Kulturbereich. In der vergangenen Landtagssitzung herrschte einige von der Opposition weidlich breitgetretene Unsicherheit, ob etwa für die geplanten Akutordinationen in allen sieben Landesbezirken Gesundheitsreferent Darabos zuständig sei oder doch Spitalsreferent Doskozil. Man einigte sich auf das Wort "Querschnittsmaterie". Das allerdings beschreibt exakt jene rot-schwarze Proporzschaurigkeit, von der man sich mit der Verwaltungsreform eigentlich verabschieden wollte.

Buhlen um Dosko

Die Landes-ÖVP, die im Augenblick scharf vorm Bundeswind segelt, buhlt um des Doskozils Gunst. Ein ums andere Mal streckt ihm der schwarze oder türkise Landeschef Thomas Steiner lockend die Hand entgegen. Man kennt einander ja aus gemeinsamen Büroleiterzeiten. Steiner, nun Eisenstädter Bürgermeister, schupfte einst das von Landesvize Franz Steindl, Doskozil das von Hans Niessl.

Steiner hat dem Doskozil auch schon eine To-do-Liste zusammengestellt. In der ist, no na, die Krages ganz obendrauf. Vor allem aber die Verlassenschaft nach Helmut Bieler.

Damokles-Swaps

Allen voran die vom Landes-Rechnungshof schon mehrfach zerzausten Zinstauschgeschäfte von 2005. Bis 2015 gingen dabei rund 51 Millionen Euro verloren. Die ÖVP fürchtet einen Gesamtschaden von 200 Millionen, das wäre immerhin ein ganzes Krankenhaus Oberwart. Rechnerisch allerdings bloß. Die Swaps laufen ja bis 2032. Und bis dahin kann noch einiges geschehen.

Unter Umständen sogar ein Handshake mit Stefan Ottrubay, dem sozusagen geschäftsführenden Esterházy-Fürsten. Er und Helmut Bieler waren in einer kunstvoll gewobenen und mit Hingabe gepflegten Streitkonstruktion ineinander so innig verkeilt, dass sich allerlei Rechtsanwalts- und Gutachterkanzleien sehr freuen durften. Diese Zeit werde jedenfalls bald vorbei sein, ließ Doskozil verlautbaren. Die juristische Strategie soll geprüft werden. Es riecht leicht nach Generalvergleich zwischen Fürst und Landesfürst. Oder jedenfalls nach dem Bemühen darum.

Reiner Tisch

Was Hans Peter Doskozil in seinem ersten – noch dazu durch die Zeit zwischen den Jahren unterbrochenen – Monat getan hat, erweckt insgesamt den Eindruck, dass er rasch möglichst reinen Tisch machen will. Die größten Herausforderungen – Esterházy, Krages und möglicherweise sogar die Swaps – sollen hinter ihm liegen, wenn er den Hof von Hans Niessl übernimmt, um ihn dann auf seine eigene Weise zu bewirtschaften.

Das wird wohl im späten Herbst sein. Im September wird ihn die Partei zu ihrem Vorsitzenden küren. Und spätestens am Jahresende – alles andere wäre eine Überraschung – der Landtag zum Landeshauptmann.

Letzter LH-Vorsitz

Von Hans Niessl – der im zweiten Halbjahr 2018 den Vorsitz der großmächtigen Landeshauptleutekonferenz übernimmt – erbt er auch das merkwürdige bundespolitische Gewicht des kleinen Landes mit der starken – nunmehr auch wieder wienwärts orientierten – SPÖ.

Die sitzt in einer Landeskoalition mit einer bundespolitisch nun gegenteilig orientierten FPÖ. Das wird noch ziemlich spannend. Zwar meint der blaue Klubchef im Landtag, Géza Molnár, dass sich eigentlich gar nichts geändert habe. Früher sei halt die FPÖ in Bundes-Opposition, die SPÖ in der Regierung gesessen. Aber Géza Molnár, dem hervorragenden Rhetoriker, sitzt halt zuweilen der Schalk im Nacken, der sich einen Spaß daraus macht, Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Preußischblau

Zumal die wahren Fisimatenten eh nicht die zwischen Bundes-FPÖ und Landes-SPÖ sein werden. Innerhalb von Preußischblau wird’s zuweilen tuschen. Aus der nun mit FPÖ-Sanktus auslaufenden Aktion 20.000 wurde zum Beispiel das Herzensprojekt des burgenländischen Landeshauptmann-Stellvertreters Johann Tschürtz finanziert: die durch vorderhand sechs Pilotdörfer patrouillierenden Sicherheitspartner. Ungewiss, wie es da weitergehen soll.

Tschürtz weiß nicht ganz, wohin er sich mit seiner Loyalität wenden soll. Also sagt er, man müsse halt andere Finanzierungsmöglichkeiten auftun. Mit diesen "anderen Finanzierungsmöglichkeiten" betritt er freilich das Spielfeld des Finanzlandesrats Doskozil. Und der hat schon im Sommer 2015 als Landespolizeidirektor den frischgebackenen Sicherheitslandesrat Tschürtz spüren lassen, wer hier wem den Marsch bläst im Fall des Falles.

Auf jeden Fall sollte nicht nur Johann Tschürtz sich an diese Musik allmählich gewöhnen. (Wolfgang Weisgram, 30.1.2018)