Endlich ist das Leben leicht. Dem Bundeskanzler (ÖVP) verdanken wir die simple Einsicht, dass alles, was nicht verboten ist, erlaubt ist und daher auch keine Konsequenzen hat. Kurz' "rote Linie" ist ja, wie er zur Causa NS-Liederbuch rund um FPÖ-Mann Udo Landbauer erklärt, das Strafgesetz. Während der Bundespräsident den Rücktritt des Politikers empfiehlt, schaut der Kanzler: zu.

Moral? Ethik? Anstand? Pah! Mit diesen spaßbremsenden Leitplanken zivilisierter Gesellschaften müssen wir uns nun nicht mehr herumschlagen. Getrost lassen wir uns gehen, getrost lassen wir die Sau raus – immer bis knapp ans Strafgesetz. Obsolet werden so auch allerlei Kommissionen und Räte, die sich bisher mit Grenzziehungen zwischen dem, was man tun darf, und dem, was man trotzdem nicht tut, beschäftigen. Ob Ethikkommissionen der Med-Unis für Forscher, ob Bioethikkommission, die den Bundeskanzler (sic) berät, ob ORF-Ethikrat oder Presserat, bei dem es um journalistische Verantwortung diesseits des Gesetzes geht: Brauchma nicht. Gesungen und geschrieben wird, was nicht verboten ist.

Schade nur, dass nun auch die Arbeit umsonst war, die sich die ÖVP angetan hat, um 2012 Verhaltenskodex und Ethikrat zu installieren. "Anstand, Ehrlichkeit und Verantwortung sind Werte, die in unserer Volkspartei Tradition haben", sagt Ethikratchefin Waltraud Klasnic laut Homepage. Aber das war vor der Koalitionsregierungsbildung. (Renate Graber, 30.1.2018)