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Eine gezielt querschnittgelähmte Maus lernt dank Physiotherapie und Elektrostimulation in einem Schweizer Labor wieder laufen. Ohne Versuchstiere wäre medizinischer Fortschritt oft nicht denkbar.

Foto: AP / dapd

Wien – Die umstrittenen Abgastest an Affen haben zu einer ersten personellen Konsequenz bei Volkswagen geführt: Thomas Steg, Leiter der Konzern-Außenbeziehungen und Nachhaltigkeit, wurde beurlaubt, wie der Konzern am Dienstag mitteilte. Tierversuche seien künftig tabu, hieß es.

Der deutsche Autobauer hatte zusammen mit BMW, Daimler und zeitweise Bosch die Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) finanziert.

Die Gruppe hat neben dem Affenversuch auch eine Studie mit Menschen sowie weitere Projekte initiiert, die Emissionen in ein besseres Licht rücken. Nachdem die Tierversuche nach Medienberichten einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden, kündigte die Autoindustrie volle Aufklärung an. Aus der Politik hagelt es scharfe Kritik, zuletzt zeigte sich Justizminister Heiko Maas (SPD) schockiert: "Wer solche Tests in Auftrag gibt, scheint jeglichen Maßstab verloren zu haben."

Die öffentliche Empörung richtet sich vor allem gegen die Tierversuche, die in den USA durchgeführt wurden, und weniger gegen jene Studie aus Deutschland, bei der Menschen Stickstoffdioxid in einer Konzentration, die vielfach im Alltag auftritt, ausgesetzt wurden. Der Grund liegt auf der Hand: Für Studien mit Menschen gelten strenge ethische Auflagen, die möglichen Gefahren vorbeugen und sicherstellen sollen, dass gut aufgeklärte Freiwillige an den Experimenten teilnehmen.

Tierversuche vorgeschrieben

Gerade weil das menschliche Wohl für den Gesetzgeber im Vordergrund steht, sind Tierversuche sowohl in der Grundlagenforschung als auch bei Zulassungsverfahren vielfach vorgeschrieben. In Österreich steckt das Tierversuchsgesetz den ethischen Rahmen ab. Demnach gilt jede Verwendung von Tieren zu Versuchszwecken, die Schmerzen, Leiden, Ängste oder dauerhafte Schäden auslöst, als Tierversuch. Dazu zählt bereits ein Nadelstich, wie Unterlagen der Veterinärmedizinischen Universität Wien klarstellen. Versuche mit Affen sind in Österreich gänzlich verboten. (Laut einer Erhebung aus dem Jahr 2011 betrug der Affenanteil an den Versuchstieren in der EU nur 0,05 Prozent.)

Insgesamt wurde 2016 in Österreich an über 236.000 Tieren, etwa Mäusen, Kaninchen, Schweinen oder Hühnern (die vier häufigsten Versuchstiere), Versuche durchgeführt, wie aus Zahlen des Wissenschaftsministeriums hervorgeht. Darunter waren 5800 Versuche, bei denen das Tier geplant getötet wurde. Bei zwei Drittel der Versuche hätten die Tiere aber nur kurz und gering gelitten und keine nachhaltigen Schäden davongetragen.

Genetisch krank gemacht

Unter den Versuchstieren waren auch rund 17.000, die genetisch mit krankhaften Merkmalen versehen wurden. Manipulationen am Erbgut sind nicht unüblich. Beim Europäischen Patentamt sind rund 500 – nicht immer pathologisch – genmanipulierte Arten registriert.

Jeden Versuch muss eine Ethikkommission vorab bewilligen. Antragsteller müssen rechtfertigen, warum das Forschungsziel nicht ohne Tierversuche erreicht werden kann und belegen, dass minimal mögliches Leid zugefügt wird.

Das ethische Dilemma bleibe trotzdem, heißt es aus Forscherkreisen: "Niemand möchte Tierversuche, aber jeder will sichere Produkte und wirksame Therapien." Aber eines sei auch klar: Die Tierversuche der Autoindustrie in den USA hatten keinen Mehrwert für die menschliche Gesundheit. (Leopold Stefan, 30.1.2018)