Wien – Viele Jahre war der Opernball nicht nur einer der wichtigsten Society-Events des Jahres, sondern sorgte auch für großangelegte Proteste in der Wiener Innenstadt. Nach dem mäßig erfolgreichen Versuch im Vorjahr, die Proteste wiederaufleben zu lassen – die Polizei zählte 250 Teilnehmer –, versucht die Kommunistische Jugend (KJÖ) heuer erneut, Ballgegner zu mobilisieren.

Helfen soll dabei ein neues Motto, das sich vor allem gegen die türkis-blaue Regierung richtet. Gründe gegen "den Ball der Reichen und vermeintlich Schönen" gebe es genug, erläuterte Stella Bäuml, Sprecherin der KJÖ, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. "Die einen überlegen, ob sie den Porsche oder den Mercedes nehmen, die anderen, ob Wurst oder Butter." Der Vorsitzende der KJÖ, David Lang, ortet in der aktuellen Regierungspolitik "die größten Angriffe auf soziale und demokratische Rechte seit 1945".

Ein Beitrag über den Opernball aus der ORF-Sendung "Mittag in Österreich".
ORF

Bei der diesjährigen Demonstration erwarten die Organisatoren 500 Teilnehmer. Konfrontativ wird es wahrscheinlich nicht zugehen: Die geplante Route führt von der U-Bahn-Station Josefstädter Straße zum Museumsquartier und hält damit einigen Abstand zu den Ballgästen.

Ein Ball und seine Gegner

Wie kam der Opernball überhaupt zu seiner Ehre, Mittelpunkt sozialer Proteste zu werden? 1987 versammelten sich erstmals 500 Demonstranten vor der Wiener Staatsoper, um gegen den Ball zu demonstrieren, vierzig von ihnen wurden anschließend von der Polizei festgenommen. Angemeldet wurde der Protest von der damaligen Grünen Alternativen Partei.

Aufnahme von der ersten Demonstration gegen den Opernball 1987.
Foto: Robert Newald

Auslöser war genau genommen nicht der Ball selbst, sondern ein dorthin geladener Gast: Der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) hatte sich angekündigt. Strauß war zu diesem Zeitpunkt unter Atomgegnern besonders umstritten: Dieser hatte Pläne für eine Wiederaufbereitungsanlage für Kernbrennstäbe in Wackersdorf vorgestellt.

Der Ball und sein Gast boten daraufhin für viele den Anlass, ihren Unmut kundzutun. Bei der Eröffnung wurden von Atomgegnern Flugblätter in die Menge geworfen und ein Transparent entrollt. Vor den Toren der Oper kam es derweil zu starken Ausschreitungen inklusive Schlagstockeinsätzen, die wochenlange mediale Debatten über Polizeigewalt und "Provokateuren mit Masken" ("Kronen Zeitung") nach sich zogen.

Die Demonstration gegen den Wiener Opernball am 2. Februar 1989. Im Bild ein von Demonstranten entwendeter Mercedes.
Foto: APA/Votava

1988 fanden sich trotz Demoverbots 2.500 (laut Polizei) beziehungsweise 4.000 Personen (laut Veranstalter) vor der Oper ein. Als noch im selben Jahr ein besetztes Haus in der Aegidigasse im sechsten Wiener Gemeindebezirk geräumt wurde, wirkte sich das auf die darauffolgende Opernballdemonstration 1989 aus: Mehrere Tausend kamen, einige von ihnen lieferten sich heftige Straßenschlachten mit der Polizei, an deren Ende mehrere Verletzte auf beiden Seiten standen.

Spätestens in diesem Jahr wurde der Mythos der Opernballdemos geboren, als einem Ballbesucher der Mercedes entwendet und als Prellbock gegen die Polizei verwendet wurde. In den darauffolgenden Jahren kam es immer wieder zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Ballgegnern und der Exekutive, bis im Laufe der Neunzigerjahre die Lust am Protest immer mehr verflog.

Die Opernballdemonstration im Jahre 2000 richtete sich auch gegen die damalige schwarz-blaue Regierung.
Foto: Christian Fischer

Als 2000 die erste schwarz-blaue Regierung angelobt wurde, machte sich das gestärkte Mobilisierungspotenzial auch bei den Opernballgegnern noch einmal bemerkbar: 15.000 Menschen gingen im Fahrwasser der Proteste gegen Schwarz-Blau wieder auf die Straße.

Vereinzelter Protest im Jahre 2011.
Foto: Robert Newald

Es blieb jedoch bei diesem kurzen Intermezzo, im Laufe der Nullerjahre entwickelten sich die Proteste in Richtung Bedeutungslosigkeit. 2010 gab es rund um die Oper erstmals kein Platzverbot mehr. Nach und nach löste der Akademikerball (früher: WKR-Ball) den Opernball als Anlassfaktor für Großdemonstrationen ab.

Opernball "als Symbol"

Bis heute ist der Opernball kein reiner Society-Event – zumindest Teile der höchsten Politriege werden sich am Ball einfinden. Bereits angekündigt haben sich unter anderem Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der kürzlich Model und Aktivistin Waris Dirie als seinen Logengast präsentiert hat. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) wird dem Ball heuer fernbleiben.

Pünktlich zum Dreißig-Jahr-Jubiläum feierte die Opernballdemo vergangenes Jahr ein Revival.
Foto: Regine Hendrich

Man wolle den Opernball heuer "als Symbol für die Ungleichverteilung des Reichtums" kritisieren, sagte der Vorsitzende der Kommunistischen Jugend, David Lang. Das Motto "Eat the Rich. Gegen die Regierung der Reichen" wolle man jedenfalls "nicht als Aufruf zum Kannibalismus verstehen". Tatsächlich ist "Eat the Rich" eine Reminiszenz an die Opernballdemos der 1980er-Jahre.

Auswirkungen auf die Verkehrssituation wird nicht unbedingt die Demonstration, sondern vielmehr der Ball selber haben: Um die Zufahrt zur Oper zu garantieren, werden die Ring-Straßenbahnlinien nicht so verkehren wie sonst. (Vanessa Gaigg, 5.2.2018)