ÖVP-Delegationschef Othmar Karas bleibt auf Kurs.

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Zwischen den Delegationen der EU-Abgeordneten von ÖVP und FPÖ im Europäischen Parlament verschärft sich der Konflikt um die Einbindung der Freiheitlichen in die Fraktion von Europas extrem rechten Parteien. Unter dem Namen "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF) gegründet, wird diese vom französischen Front National von Marine Le Pen dominiert und von allen anderen Fraktionen wegen ihres EU-skeptischen Kurses isoliert.

In einem STANDARD-Interview hatte deswegen FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, der auch EU-Abgeordneter und Vizepräsident der ENF-Fraktion ist, die fünf Europaabgeordneten der ÖVP angegriffen. Er forderte sie zur Kooperation auf. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas warf er vor, frontal gegen die Europalinie der ÖVP unter Kanzler Sebastian Kurz zu agieren. Der Kanzler werde ihn deshalb bei den EU-Wahlen auch nicht mehr aufstellen, behauptete der FPÖ-Generalsekretär.

Unverändert EU-Gegner

Im Gespräch mit dem STANDARD wies Karas diese Vorhalte Vilimskys am Mittwoch in Straßburg mit scharfen Worten zurück. Vilimskys Erklärungen seien ein reines "Ablenkungsmanöver", mit dem er verbergen wolle, dass die Freiheitlichen in ihrer Europapolitik "in einer gespaltenen Situation" seien. In Wien seien sie diesbezüglich Koalitionspartner und würden von Bundeskanzler Sebastian Kurz "gebunden". Aber im EU-Parlament würden die FPÖ-Abgeordneten in der ENF-Fraktion unverändert als Gegner gemeinsamer europäischer Lösungen auftreten.

"Sie stimmen in der Fraktion sogar gegen Dinge, für die sie in Österreich eintreten, etwa den stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen durch Frontex", erklärt Karas. Die FPÖ zeige in Straßburg und Brüssel ein ganz anderes Gesicht als in Österreich.

"Sprecher der Sache der ENF"

Besonders scharf geht der ÖVP-Abgeordnete dabei mit Vilimsky ins Gericht: "Wäre die FPÖ nicht Mitglied in der ENF-Fraktion, täten wir uns natürlich leichter. Aber Vilimsky selber hat die FPÖ-Abgeordneten im Interview als Teil dieser Fraktion definiert", erregt sich Karas. Vilimsky sei stellvertretender Fraktionschef, "er ist Sprecher der Sache der ENF". Worin diese Haltung in Bezug auf die Europäische Union besteht, daran hat der ÖVP-Politiker keinen Zweifel.

"Die ENF will ein anderes Europa, die Union müsse aufgelöst, müsse zerstört werden. Das hat Le Pen im EU-Wahlkampf 2014 gesagt", zuletzt auch in Mailand, erklärt er, "der Kampf gegen die EU ist dort Priorität, deswegen stimmen sie im Parlament auch gegen alles, was Europa stärken würde". Sein Fazit: "Die ENF will die Union zerstören, sie will ein nationalistisches Europa, kein stärkeres Europa."

An dem Umstand, dass die Gesamtfraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) jede Kooperation mit ENF-Abgeordneten ablehnt, werde sich daher nichts ändern. Die ENF-Mandatare und die FPÖ würden sich am mühsamen Prozess der Gesetzeswerdung auch kaum beteiligen, wenn es um Details und Kompromisse gehe, "sie halten am Ende dann nur Reden für die Auslage".

"Sehr intensiver Dialog"

Was seine Arbeit in der eigenen Partei angeht, sieht Karas sich in keinerlei Widerspruch zum Bundeskanzler: "Sebastian Kurz vertraut mir, und ich vertraue Sebastian Kurz." Er sei mit dem ÖVP-Chef auch "in einem sehr intensiven Dialog", weil die Aufgabe im EU-Parlament ganz anders gelagert sei als auf nationaler Ebene in der Regierung. Wenn man in der EU etwas umsetzen wolle, dann müsse man im EU-Parlament für entsprechende Mehrheiten sorgen: "Das EU-Parlament setzt ja nicht das österreichische Regierungsprogramm um."

Als Beispiel führt Karas die Forderung von Kanzler Kurz an, "die EU-Außengrenzen besser zu schützen. Das will ich auch. Es ist völlig richtig, wenn er sich dabei massiv zum Sprecher gemacht hat", erklärt der Abgeordnete. Um das umzusetzen, brauche man die Kompetenzen und das Geld dafür – und Beschlüsse in Straßburg. (Thomas Mayer aus Straßburg, 7.2.2018)