Das Kleid des deutschen Models Barbara Maier fügte sich in die Blumendeko ein.

Foto: Matthias Cremer

Die Debütanten machten Selfies mit Stadtchef Michael Häupl.

Foto: Matthias Cremer

Kanzler Sebastian Kurz brachte Model Waris Dirie zum Ball.

Foto: Matthias Cremer

Blitzlichtgewitter am roten Teppich, anmutige Ballerinas und große Stimmen: Der Opernball gilt als gesellschaftliches Highlight in der Wiener Ballsaison. Für eine Eintrittskarte muss man tief in die Tasche greifen, für 290 Euro, die man berappen muss, heißt es aber, stehen, drängen und sich im Watschelschritt mit 5150 weiteren Ballgästen durch die verwinkelten Gänge der Staatsoper schieben. Für mehr Komfort muss man aufzahlen. Die billigste Loge kostet 10.000, die teuerste 20.500 Euro.

Mit dem nötigen Kleingeld, Glück und Kontakten sitzt man dafür vielleicht in der Loge neben der von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Für ihn und seine Frau Doris Schmidauer war es der zweite Ball in der Präsidentenloge. "Ich bin von Natur aus nicht unbedingt der größte Ballgeher", so Van der Bellen. Doch es sei schön, wie es gelinge, ein "Volksfest für jung und alt" zu inszenieren. "Es hat schon was", sagte der Bundespräsident, als er das Spektakel von oben betrachtete.

Keine Gefahr für den Staat

Als Gast brachte er den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko mit. Nicht alle waren davon angetan: Eine Femen-Aktivistin entblößte am Red Carpet ihre Brust, auf der zu lesen war: "Poroshenko get the fuck out". Die Aktivistin wurde rasch von der Polizei abgeführt. Die Femen-Aktion sei "schon in Ordnung. Staatsgefährend war das nicht", sagte Van der Bellen, während sich vor der Loge sich ein Stau bildete.

Viele wollten ein Foto oder einen kurzen Handshake mit dem Präsidenten. Im Fünf-Minuten-Takt empfing der Präsident neue Gäste, zum Tanzen blieb da keine Zeit. Den meisten blieb der Einlass aber verwehrt, auch Mister und Miss Austria, die gemeinsam an die Tür klopften.

Harte Arbeit

Nicht überall ging es an diesem Abend so glamourös zu wie in den viel fotografierten Logen der Prominenz aus Politik und Society. Um das Werkl am Laufen zu halten, stand an fast jeder Ecke jemand, der für den Komfort der Ballbesucher zuständig war und mit einem kleinen Schokoküchlein in der Größe eines Daumens für fünf Euro weiterhelfen oder den Weg zum Kasino weisen konnte. Die Opernball-Billeteure arbeiten schwer. Viele stehen schon vor Ballbeginn und bis um sieben Uhr morgens in den Stiegenhäusern, neben den Bars oder vor Toiletten.

Im Aufzug wurden die Gäste von einem Liftboy in Empfang genommen, der die Knöpfe drückte, damit man es nicht selbst musste – das längste Zündhölzchen hatte dabei ¬jener Boy gezogen, der im Lastenlift arbeitete: In den kleineren Sechs¬personenliften wird es schnell stickig, gerade dann, wenn die Ballnacht vorangeschritten ist und die Gäste im Miniaufzug schon eine leichte Fahne haben. Die erste Schicht geht bis zwei Uhr früh, dann kommt die Ablöse. "Es geht auch um die Sicherheit der Gäste, damit hier nichts passiert." Mit den Medien zu sprechen ist den Angestellten untersagt. Eine Aufpasserin vor den hektischen Promilogen beteuerte nur, dass es eine Ehre sei, an diesem Abend hier arbeiten zu dürfen.

Turnsaalfeeling

Ganz oben im sechsten Stock ist es heiß. Der Raum ist nicht nur ungefähr so groß wie ein Schulturnsaal, es riecht auch ähnlich: Angstschweiß paarte sich hier mit Deo und Parfum. Jugendliche zwängen sich durch den dekorationslosen Raum oder lümmeln auf dem Boden, jedoch nicht in ihrem Turnzeug. Für eine Sportstunde war es kurz vor 22 Uhr sowieso zu spät. Die 144 Paare, alle Debütanten, fiebern ihrem großen Augenblick entgegen. Die Stimmung ist angespannt, das Warten auf die Eröffnung zieht sich. Auf einem kleinen Podest am Ende des Raumes steht der Choreograf Roman E. Svabek und wirft Nahrung in die Menge. Was ein bisschen aussieht wie eine Tierfütterungsszene, ist eigentlich eine Lieferung von Traubenzucker und Powerriegeln, die von den Debütanten dankbar gefangen werden.

Als es für die adrett in Schwarz und Weiß gekleideten Paare in den Ballsaal geht, warten schon Schulter an Schulter die Ballgäste, um die Show aus nächster Nähe zu sehen. Getrennt vom Parkett werden sie traditionell von einer roten Samtschnur. Die Kordel wird von Männern in Goldfräcken gehalten und gespannt. Doch spätestens in der Balldisco verfliegt die Anmut der Debütanten. Im Kreis tanzten die Teenies zu "Dancing Queen" neben den Ballgästen, die zum Songcontestauftritt von Abba etwa in ihrem Alter waren. (Vanessa Gaigg, Oona Kroisleitner, 9.2.2018)