Einen juristisch angeschlagenen Regierungschef kann sich kein Staat wünschen: Er wird stets im Verdacht stehen, politische Entscheidungen zu treffen, die den Zweck haben, seine persönliche Lage zu verbessern. Wenn das Land dann auch noch Israel heißt, wo die Ermittler nun eine Anklage wegen Korruption, Betrugs und Untreue gegen Premier Benjamin Netanjahu empfehlen, ist die Sache noch viel unangenehmer: Die Eskalation mit Syrien am Wochenende hat wieder einmal gezeigt, wie fließend die Übergänge zwischen Krieg und Frieden in der Region sind.

Nicht nur an der Grenze zu Syrien und zum Libanon steigt die Gefahr eines offenen Konflikts. Auch ein neuerlicher Gewaltausbruch zwischen der Hamas im Gazastreifen und Israel wird von manchen Beobachtern mittelfristig für wahrscheinlich gehalten.

Ein israelischer Premier ist politisch ganz bestimmt nicht in der Lage, einsame Kriegsentscheidungen zu treffen: Er ist in die Strukturen eines starken Sicherheitsestablishments eingebettet. Aber es ist so sicher wie das Amen im Gebet, dass sich Netanjahu, sollte es zur gefürchteten großen Eskalation kommen, mit dem Vorwurf herumschlagen wird müssen, die Rettung seiner eigenen Haut vor das nationale Wohl zu stellen. Einem, dessen ethische Standards nicht so hoch sein dürften, wie es sein Amt verlangt, wird man auch das zutrauen. (Gudrun Harrer, 14.2.2018)