Wien – "Es hilft auch den Arbeitnehmern aus den EU-Erweiterungsländern, wenn ihre in westliche EU-Staaten entsandten Arbeitnehmer besser behandelt werden." Die niederländische Europaabgeordnete Agnes Jongerius von den Sozialdemokraten wirbt für die umstrittenen Reformvorschläge für eine neue EU-Entsenderichtlinie. Nicht nur am Bau soll nach dem Willen von EU-Kommission und EU-Parlament entsendeten Arbeitnehmern die Mindestlohn- oder Kollektivvertragssätze des Gastlandes gezahlt werden, sondern auch im Agrarsektor und auf Schlachthöfen.

Viel anzubieten hat die Berichterstatterin des Europäischen Parlaments freilich nicht, um die in Opposition stehenden EU-Partnerländer ins Boot zu holen: Eine Ausnahme für die Transportwirtschaft, wobei unklar ist, wie lang diese gewährt werden soll. Dieser große, für die Freiheit des Warenhandels maßgebliche Sektor ist vor allem Polen, Ungarn, Litauen und Lettland ein Anliegen. Aber nicht nur diesen Ländern. Sie liegen bei den Anliegen der Transportwirtschaft auf einer Linie mit Portugal und Spanien, sagt Jongerius. "Wir brauchen daher dringend neue Regeln und vor allem Kapazitäten, dass die neuen Regeln auch überprüft werden." Gleiche Arbeit am gleichen Ort müsse gleich entlohnt werden.

Das EU-Parlament billigte den Aufnahmemitgliedsstaaten zu, dass sie sich entscheiden können, anstelle der nationalen Tarifverträge regionale oder sektorale Tarifverträge anzuwenden, wenn diese günstigere Bedingungen für entsandte Arbeitnehmer vorsehen. Der Rat der Sozial- und Arbeitsminister hingegen ging nicht so weit, er verlangte lediglich, dass allgemein verbindliche Tarifverträge auf entsandte Arbeitnehmer in allen Sektoren angewendet werden müssen.

Arbeitspapier im März

Am 7. März soll ein Arbeitspapier vorliegen, in das teilweise kontroversielle Änderungsvorschläge eingearbeitet werden. Über dieses müssen sich dann EU-Kommission, Europaparlament und der Rat der Sozial- und Arbeitsminister verständigen und einigen. Außer Streit war nach der Abstimmung im Oktober im Rat der Sozial- und Arbeitsminister, dass die Entsendungen künftig zwölf Monate nicht überschreiten sollen, wobei eine einmalige Verlängerung um sechs Monate möglich sein sollte. Die EU-Kommission wollte 24 Monate.

Auf die österreichische Ratspräsidentschaft kommt diesbezüglich viel Arbeit zu, sagt Jongerius. Sie muss nicht nur einen Spagat schaffen zwischen den Standpunkten und zwischen den EU-Mitgliedsstaaten. "Das Schlechteste wäre, wenn wir keine Brücke zustande bringen."

Die Entsenderichtlinie ist ein Dauerstreitthema zwischen west- und osteuropäischen EU-Staaten. Eine Reform wird verhandelt, ist aber noch nicht durch. Gegen den im Oktober verkündeten Kompromiss der EU-Kommission stimmten Polen, Ungarn, Litauen und Lettland. (ung, 15.2.2018)