Eine Betrachtung rein von ORF 1 und ORF 2, hier Kristina Sprenger in "Soko Kitzbühel", greife zu kurz, urteilt die Medienbehörde und weist die Beschwerde der Privatsender gegen den ORF zurück.

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Wien – Die Medienbehörde KommAustria hat eine Beschwerde von Privatsendern abgewiesen, wonach der ORF zuwenig anspruchsvolle Sendungen in seinen Hauptabendprogrammen zeige. Laut ORF-Gesetz muss er sie im Regelfall dort "zur Wahl stellen". Die Entscheidung der KommAustria ist noch nicht rechtskräftig. Privatsender wie ORF können dagegen das Bundesverwaltungsgericht als nächste Instanz bemühen. Der Privatsenderverband verlangt nun eine Präzisierung des ORF-Gesetzes – in Fernsehen und Radio.

Die Beschwerdeführer – legten dazu eine Auswertung vor, in der sie über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren die Hauptabendsendungen der TV-Programme ORF 1 und ORF 2 beobachtet hatten. Diese Betrachtung greift jedoch nach Ansicht der Behörde zu kurz: Der Gesetzgeber habe dem ORF aufgetragen, dass in seinem Gesamtprogramm und jedenfalls in den Hauptabendprogrammen von 20 bis 22 Uhr in der Regel anspruchsvolle Sendungen zur Wahl stehen müssen.

ORF 3 und ORF Sport Plus zu berücksichtigen

Zum Gesamtprogramm zählten laut gesetzlichem Auftrag aber auch die Spartenprogramme ORF 3 sowie ORF Sport Plus, so im Kern die Entscheidung der Behörde. Da die Spartenprogramme von den Beschwerdeführern nicht mit einbezogen wurden, fehle es der Beschwerde an der wesentlichen Grundlage.

Die Beschwerdeführer verlangten von der Behörde ausdrücklich die Feststellung, der ORF habe in den Hauptabendprogrammen der von ihm veranstalteten Fernsehprogramme ORF 1 und ORF 2 nicht "in der Regel anspruchsvolle Sendungen zur Wahl" gestellt, lässt die Behörde dazu am Freitag verlauten. Der damit angesprochene Wortlaut des Paragraf 4 Absatz 3 ORF-Gesetz erteile dem öffentlich-rechtlichen Sender eine solche Auflage jedoch ausdrücklich für sein "Gesamtprogramm", also einschließlich der TV-Programme ORF 3 und SPORT Plus, die die Privatsendern aber außer Acht gelassen hätten.

Schon einmal abgewiesen

Die Behörde verweist auf ein Erkenntnis vom April 2016 des Verwaltungsgerichtshofs. Der habe da grundsätzlich klargestellt, dass die Behörde bei ihren Entscheidungen an den von den Beschwerdeführern vorgebrachten Sachverhalt gebunden ist. Da die Beschwerde der Privaten nicht das ORF-Gesamtprogramm, sondern nur Teile davon, nämlich die zwei Vollprogramme, zum Gegenstand hatte, war insofern die Eingabe abzuweisen.

Im Jahr 2012 haben mehrere Privatsender in einer gemeinsamen Beschwerde eine mangelnde Ausgewogenheit in den Programmen ORF 1 und ORF 2 hinsichtlich des Verhältnisses der Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport beanstandet. Grundsätzlich gab ihnen die KommAustria damals zwar Recht, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass künftig das ORF-Gesamtprogramm unter Einbeziehung der zwischenzeitlich auf Sendung gegangenen Programme ORF III und ORF Sport+ zu beurteilen sein werde.

Privatsender fordern strengeres ORF-Gesetz

Die Geschäftsführerin des Privatsenderverbands VÖP, Corinna Drumm, sieht durch ihre Auswertungen belegt, "dass der ORF in seinen beiden Hauptprogrammen ORF 1 und ORF 2 nur sehr wenig anspruchsvolle Inhalte hat".

Sie nimmt die Entscheidung als Bestätigung für eine langjährige Forderung des VÖP: Der Programmauftrag des ORF müsse für jedes einzelne seiner Programme gelten. "Es kann nicht sein, dass es dem ORF freisteht, ob er seinen öffentlich-rechtlichen Programmauftrag in den zuseherstarken Hauptprogrammen oder in den reichweitenschwachen Spartenprogrammen erfüllt", erklärt Drumm. Er könnte "seine Hauptprogramme ORF eins und ORF 2 von anspruchsvollen Inhalten völlig frei halten und diese ausschließlich auf den Spartensendern programmieren".

Nach VÖP-Befund zeigte der ORF im Jahr 2016 und im ersten Halbjahr 2017 an mehr als einem Drittel aller Tage in den Hauptabendprogrammen von ORF 1 und ORF 2 keine einzige anspruchsvolle Sendung, insbesondere von Freitag bis Sonntag. Nach Berechnung der Privatsender sollen anspruchsvolle Inhalte weniger als 20 Prozent der Gesamtsendezeit ausmachen.

VÖP-Präsident Ernst Swoboda, Geschäftsführer von Kronehit, erklärt die Forderung nach Vorgaben für jeden Kanal so: "Dies ist nicht als Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an sich zu verstehen. Im Gegenteil: Diese Präzisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags ist wichtig, um einen unverwechselbaren öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit unabhängigen und freien Redaktionen sicherzustellen." (red, 16.2.2018)