Wien – Jenem Unternehmen, das in Österreich für die Flüchtlingsbetreuung zuständig ist – der ORS -, droht die Kündigung. Stattdessen soll eine bundeseigene Agentur gegründet werden. Das geht aus Recherchen der Plattform Addendum hervor. Demnach soll bis zum Sommer ein entsprechender Gesetzesentwurf ausgearbeitet werden, eine Kündigung könnte dann im Herbst erfolgen.

Weder das Innenministerium noch die Geschäftsführung der ORS in Wien wollen den Bericht bestätigen. Addendum zitiert unter anderem anonyme Quellen aus dem Innenministerium. Für Unmut hat demnach der Umbau in der schweizerischen ORS-Zentrale gesorgt. Weil die Erträge zuletzt zurückgingen, sollen bei ORS nun auch Angebote aus dem Integrationsbereich hinzukommen. Um das sicherzustellen, wurden der Verwaltungsrat und die Geschäftsführung in Zürich neu besetzt. Dass dieser Schritt in Wien nicht gerne gesehen wurde, bestätigt das Ministerium, man habe "die Absetzung der sehr erfahrenen Schweizer Führungskräfte mit Sorge zur Kenntnis genommen". Es dürfte zum Ultimatum gekommen sein: Rochaden zurücknehmen oder Kündigung.

Was laut Addendum außerdem für die Konkretisierung der Pläne spreche: ORS-Personal sei von Vertretern des Innenministeriums bereits angekündigt worden, dass im Falle einer Kündigung die Weiterbeschäftigung in der neuen Agentur möglich sei.

Die Flüchtlingsbetreuung wurde während Schwarz-Blau I ausgeschrieben. Der deutsche Anbieter European Homecare (EHC) gewann das Verfahren und nahm 2003 die Arbeit auf. Wegen finanzieller Schwierigkeiten kündigte das Unternehmen, und die ORS übernahm 2012. Neben den Beträgen pro Flüchtling und Tag kamen seither Sockelbeträge als Basisfinanzierung hinzu. Wie hoch diese sind, wurde jedoch nicht offen kommuniziert. 2016 gingen 96,4 Millionen Euro an die ORS, 2017 waren es 60 Millionen.

Dass die Flüchtlingsbetreuung in staatliche Verantwortung übergehen sollte, ist bekanntlich ein langjähriger Wunsch der FPÖ – die mit Herbert Kickl nun den zuständigen Minister stellt. Allerdings begründeten die Freiheitlichen diese Forderung stets mit der "Asylindustrie", von der vor allem NGOs profitieren würden.

Letztere kritisierten die privatisierte Betreuung seit Jahren: Hilfe dürfe nicht auf Gewinn ausgerichtet werden. Nun droht dieser Ära zwar das Ende, das Heft dürfte – wie im Regierungsprogramm angekündigt – dann aber der Bund in der Hand haben. (lhag, 20.2.2018)