Aufgrund der guten Zahlen gebe es keinen Grund für eine Umweltzone in Wien, sagte Umweltstadträtin Ulli Sima.

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Wien – "Die Luft in Wien ist so gut wie nie zuvor", freute sich Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) bei der Präsentation einer Studie des Umweltbundesamtes zur Luftgüte. Seit sechs Jahren würde die Stadt die Feinstaubgrenzwerte nun schon unterschreiten. Der Jahresmittelwert lag 2017 bei 19 Mikrogramm pro Kubikmeter, der von der EU erlaubte Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm.

Auch die 23 Tage, an denen der Wert von 50 Mikrogramm im Tagesmittel überschritten wurde, sind für Sima ein Grund zur Freude – die EU schreibt hier vor, dass der Wert an maximal 35 Tagen überschritten werden darf.

Sima: Umweltzone "vom Tisch"

Aufgrund der guten Zahlen gebe es keinen Grund für eine Umweltzone in Wien. Fahrbeschränkungen müsse man mit entsprechenden Daten rechtfertigen, damit sie einer gerichtlichen Anfechtung standhalten. "Für mich ist die Diskussion damit vom Tisch", macht Sima klar. Beim Koalitionspartner sei das vielleicht noch ein politischer Wunsch – "aber es gibt eben keine gesetzliche Grundlage".

Seit rund einem Jahr lassen die Wiener Grünen bekanntlich prüfen, welche Fahrzeuge und Stadtteile von einer Umweltzone betroffen sein könnten – eine Tatsache, die Christoph Wiederkehr, Verwaltungssprecher der Neos, verwirrt. "Auf Basis der Ergebnisse sollte anschließend ein politischer Diskurs stattfinden. Diesen wird es nun nach der Ansage von Ulli Sima nicht mehr geben. Die Studie wird wohl, noch bevor sie überhaupt fertiggestellt ist, der Schublade übergeben." Damit werde erneut das Steuergeld der Wienerinnen und Wiener "beim Fenster rausgeworfen". Man werde deswegen bei der Auftraggeberin Maria Vassilakou anfragen, wie viel Geld die Studie gekostet hat.

Den ÖAMTC freuen die deutlichen Worte von Sima. "Die zugrunde liegende Studie des Umweltbundesamtes zeigt einmal mehr, dass eine Verbesserung der Luftgüte in Wien auch ohne Fahrverbote und Umweltzonen zu schaffen ist. Für rund 520.000 Dieselfahrer in Wien und den umgebenden Bezirken ist das eine sehr gute Nachricht", sagt Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung. Man dürfe bei dieser Diskussion auch die "soziale Komponente" nicht vergessen: "Bei den Besserverdienern fährt mehr als die Hälfte Fahrzeuge der Euroklassen 5 und 6, nur zehn Prozent Euro 0 bis 3. Wer sich weniger leisten kann, ist hingegen meist mit Euroklasse 0 bis 4 unterwegs und wäre damit wesentlich stärker von etwaigen Fahrverboten betroffen", sagt Wiesinger.

Auswirkungen der Trickserei von VW und Co gemessen

Apropos Diesel: Auch die Stickstoffdioxidbelastung ist in den letzten Jahren in Wien gesunken. Aber dennoch: Bei der Messstelle am Hietzinger Kai (Westeinfahrt) – einer von 16 solcher Messstellen – liegen die Werte trotz abnehmender Tendenz über dem erlaubten EU-Maximum von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. 2017 waren es 44 Mikrogramm. Laut Umweltbundesamt wäre aber auch hier ein Wert von 30 erreichbar gewesen, wenn die Emissionsgrenzwerte für die Kraftfahrzeugtypisierung auch im Realbetrieb auf der Straße eingehalten worden wären.

Das Umweltbundesamt hat dies im Rahmen einer Studie errechnet – dabei wurden tatsächliche aktuelle Abgasmessungen an Fahrzeugen unter realen Fahrbedingungen mit jenen Werten verglichen, die bei der Typenprüfung vorgegeben sind. Anschließend wurden diese Ergebnisse auf die gesamte Wiener Fahrzeugflotte hochgerechnet. "Wenn es keine unrealistischen Typprüfverfahren gegeben hätte und die von EU-Recht festgelegten Reduktionen im echten Leben eingehalten würden, dann hätte es an keiner der 16 Stickstoffdioxidmessstellen Überschreitungen gegeben", sagt Sima.

Maßnahmen für bessere Luft

Welche Maßnahmen bescheren die guten Zahlen? Die Umweltstadträtin betont vor allem die Umstellung beim Winterdienst von Streusplit auf Salzsole. Daneben wirken natürlich auch der laufende Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, die Parkraumbewirtschaftung und die Forcierung der E-Mobilität – etwa im städtischen Fuhrpark. Maßgeblich für die Feinstaubbelastung ist aber auch die Wetterlage: Temperatur beziehungsweise Windgeschwindigkeit. Bei einer ungünstigen meteorologischen Lage seien auch im Burgenland oder im Norden Niederösterreichs ähnlich hohe Werte wie in Wien gemessen worden, erläutert Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt. Notwendig seien demnach auch überregionale Anstrengungen. Sima stimmt zu. "Auch wenn die aktuellen Werte positiv sind – das heißt natürlich nicht, dass wir uns zurücklehnen werden." (lhag, 21.2.2018)