Landesrat Rolf Holub ist überzeugt, der Präsidentschaftswahlkampf für Alexander Van der Bellen habe die Grünen in eine Krise gestürzt.

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STANDARD: Wir sitzen hier in einem geräumigen Büro, heroben in der Beletage der Kärntner Landesregierung. Werden Sie in ein paar Wochen, nach der Wahl am 4. März, auch noch hier arbeiten?

Holub: Ob wir nach der Wahl auch noch hier sitzen werden? Hmmm. Hängt davon ab, inwieweit die neue Verfassung, wonach es keinen Proporz mehr gibt, ausgenutzt wird. Also welche Koalitionen zustande kommen.

STANDARD: Es geht ja nicht nur um Koalitionen, sondern um die grüne Existenzfrage. Wie konnte es eigentlich so weit kommen, dass die Grünen, die zuletzt zwölf Prozent erreichten, nun Gefahr laufen, unter der Fünfprozenthürde zu bleiben und damit aus dem Landtag zu fliegen?

Holub: Da ist einiges hausgemacht. Aber ich muss auch sagen: Das Imperium hat zurückgeschlagen. Seit Alexander Van der Bellen Präsident geworden ist, dürfte doch eine andere Logik eingekehrt sein. Wenn es auf einmal eine grüne Mehrheit gibt, dann könnte etwas entstehen, dass weder der Wirtschaftskammer noch der ÖVP recht ist. Da dachten wohl einige, wenn das so weitergeht, dann sind wir unser Geld los. Und es gibt Medien als Übersetzer. Ich denke da an gewisse Medien, bei denen man den Eindruck hat, sie wollen die Grünen zerstören.

STANDARD: Was aber ist jetzt hausgemacht an der grünen Krise?

Holub: Hausgemacht war die Pilz-Geschichte, die nach Kärnten hereinwirkt. Und hausgemacht sind die Querelen in Kärnten, nachdem die ehemalige Parteichefin von der Basis nicht mehr gewählt wurde.

STANDARD: Und jetzt treten zusammen mit Marion Mitsches Partei "Fair" gleich zwei grüne Parteien an.

Holub: Ich sehe da viel Verletztheit, viele Revanchegedanken. Ich habe mich bemüht, aber die Verletzung war zu groß. Nur, jetzt geht es in Kärnten darum: Was passiert mit Kärnten, wenn es keine Grünen mehr gibt?

STANDARD: Besteht nicht auch in Kärnten für die Grünen zusätzlich die Gefahr, dass, so wie bei den Nationalratswahlen, potenzielle Grünen-Wähler diesmal SPÖ wählen, um Schwarz-Blau zu verhindern?

Holub: Natürlich. Aber es geht um die Richtung. Ich kenne die SPÖ, und ich weiß, dass Rot-Blau in Kärnten möglich ist. Die Macht ist wichtig, bei aller Freundschaft mit Peter Kaiser. Die Grünen sind der Garant gegen eine blaue Regierungsbeteiligung.

STANDARD: Noch einmal kurz zurück. Warum konnten Sie eigentlich den Schwung von 2013 nicht mitnehmen?

Holub: Ich hab ihn eh mitgenommen. Was wir mit 1,5 Prozent des Budgets alles gemacht haben, in einer Zeit, als wir nicht einmal in Andorra einen Kredit bekommen hatten, war super. Wir haben mit Kooperationen und neuen Ideen das Land ganz neu aufgesetzt. Wir sind bei erneuerbarer Energie die Nummer eins auf der Welt. Ich hab wie ein Pferd in der Regierung gearbeitet, und dann ist mir halt die Partei auf den Kopf gefallen.

STANDARD: Die grüne Krise sitzt strukturell und strategisch wohl tiefer – und das bundesweit.

Holub: Ein Problem war sicher die Präsidentschaftswahl. Die Grünen haben das so sehr wollen und haben so viele Ressourcen hineingesteckt – körperlich und pekuniär. Das alles hatte eine andere Logik beim Wahlkampf. Keine Oppositionslogik mehr, sondern eine Staatspräsidentenlogik. Wir versuchten wenig anzuecken. Bei der Nationalratswahl hätten wir wieder umschalten müssen, aber das ist nicht passiert. Und dann hat Sascha viele Menschen in die Hofburg mitgenommen, die für uns essenziell waren, auch in der Kommunikation. Schließlich hatten wir eine Oppositionsriege im Parlament, die irgendwie pragmatisiert rübergekommen ist. Wir hatten den Blauen fast den ganzen Raum in der Opposition gelassen. Das waren die strategischen Fehler. Abgesehen vom Abgang wichtiger Persönlichkeiten.

STANDARD: Woran müssen sich die Bundesgrünen orientieren, um wieder aus dem Tal der Tränen herauszufinden?

Holub: In jedem Fall: Rückbesinnung auf grüne Themen, angepasst an die digitale Welt. Wir müssen das Verständnis für ökologische Zusammenhänge und die ökonomischen Chancen, die sich daraus ergeben, vermitteln. Wir haben ein Potenzial von zehn bis zwölf Prozent. Nur jetzt ist, das muss man dazu sagen, keine grüne Zeit. Es gibt einen Rechtsruck, und es wäre von uns nicht gescheit, nach rechts nachzuhüpfen. (Walter Müller, 22.2.2018)