Vergleicht man die AMS-Budgets für 2017 und 2018, ergibt sich: Dem AMS werden pro Kopf heuer sogar etwas mehr Mittel zur Verfügung stehen. Kürzungen soll es aber bei Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge geben.

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Die Zahlen im Detail.

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Wien – Es ist ein wohleingeübtes innenpolitisches Ritual. An jedem Monatsersten, wenn die neue Arbeitslosenstatistik veröffentlicht wird, entbrennt eine hitzige Debatte darüber, wie die Zahlen zu interpretieren sind. Regierung, Opposition und Sozialpartner kommentieren die Entwicklung und kriegen sich in die Haare.

Am Donnerstag war es anders. Im Zentrum der Debatte stand die Zukunft des Arbeitsmarktservice (AMS) selbst. Das AMS-Budget soll massiv gekürzt werden. Die Eckpunkte sind inzwischen bekannt. Heuer stellt die Regierung dem AMS 588 Millionen Euro weniger zur Verfügung als im Vorjahr geplant. Opposition und ÖGB sprechen von "verantwortungslosem Kahlschlag", gekürzt werde bei der Förderung von Menschen in dramatischen Notlagen.

Ist die Kritik zutreffend? Bei genauem Hinsehen ist die Sache komplizierter. Im historischen Vergleich ist die Zahl der Arbeitslosen in Österreich extrem hoch. Zugleich sinkt dank des Wirtschaftsaufschwungs die Zahl der Jobsuchenden rasant, das AMS muss heuer also weniger Personen betreuen als im vergangenen Jahr.

Vergleicht man die AMS-Budgets für 2017 und 2018, ergibt sich: Dem AMS werden pro Kopf heuer sogar etwas mehr Mittel zur Verfügung stehen. Im Vorjahr gab das AMS für Förderungen, Deutschkurse, Qualifikationsprogramme 1,326 Milliarden Euro aus. Heuer sollen es laut Plänen der türkis-blauen Regierung 1,356 Milliarden werden. Im vergangenen Jahr waren im Jahresschnitt 412.000 Personen als arbeitslos gemeldet (inklusive Schulungsteilnehmern). In der aktuellen Prognose geht das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo davon aus, dass es heuer rund 390.000 Personen sein werden. Das sind um etwa fünf Prozent weniger. Berücksichtigt man die Inflation von zwei Prozent, ergibt sich, dass dem AMS pro Arbeitslosem drei Prozent mehr Mittel zur Verfügung stehen.

Uneingelöstes Versprechen

Nun lässt sich einwenden, dass nicht für alle Arbeitslosen gleich viel Förderung notwendig ist. Wer seinen Job verliert und schnell wieder etwas findet, braucht im Gegensatz zu Langzeitarbeitslosen vielleicht gar keine Unterstützung. Doch auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen sinkt: Im Februar fiel der Rückgang mit minus 9,9 Prozent im Jahresvergleich sogar recht kräftig aus.

Wie kommen ÖGB und Arbeiterkammer also auf den "Kahlschlag"? Im Herbst hat das damals SPÖ-geführte Sozialministerium dem AMS ein Förderbudget für 2018 von etwas mehr 1,9 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Die Wahlen sind so ausgegangen, dass die SPÖ in Opposition musste und diese Zusage obsolet wurde.

Im Vergleich zu diesem alten Plan sollen die 588 Millionen Euro eingespart werden. Ob das ein Kahlschlag ist, hängt also davon ab, was die Vergleichsgröße ist. Sicher ist, dass die von der SPÖ konzipierte Aktion 20.000, in deren Rahmen die Beschäftigung älterer Langzeitarbeitloser gefördert wird, eingedampft ist. Statt 20.000 werden im Rahmen der Aktion nur 4.000 Personen gefördert. Daraus ergibt sich der größte Teil der Einsparungen. Daran hagelt es Kritik. Ältere Arbeitslose gelten selbst bei guter Konjunktur als schwer vermittelbar. Unternehmer stellen meist lieber jüngere Mitarbeiter ein, oft haben Betroffene einfach nicht die geforderten Qualifikationen.

Aktion 20.000

Ob abseits jener Menschen, die von der Aktion 20.000 noch profitiert hätten, jemand etwas von der neuen Budgetlage beim AMS spüren wird, ist heute schwer zu sagen. Das hat viel damit zu tun, wie die Budgeterstellung funktioniert: AMS-Kurse laufen oft über ein Jahr oder länger. Die Ausgaben für Trainer und Programme sind also lange im Vorhinein fixiert. Als Faustregel gilt, dass ein Jahresbudget zu Jahresbeginn zur Hälfte aufgebraucht ist. Ein Teil der Mittel ist außerdem zweckgebunden, etwa in Form von Unterstützung für ältere Arbeitslose.

AMS-Insider sprechen davon, dass angesichts rückläufiger Arbeitslosenzahlen weniger die Budgetkürzung als deren schnelle Umsetzung inmitten eines laufenden Finanzjahrs zu Problemen führt. Für neue Kurse gibt es wenig Geld. Dabei wäre der Ausbau von Qualifizierungsmaßnahmen jetzt wichtig. In der aktuellen Aufschwungsphase suchen Unternehmer Mitarbeiter, brauchen also meist keine finanziellen Anreize, um Leute einzustellen – so wie noch 2017. Was aber fehlt, sind oft Leute mit der richtigen Ausbildung. Doch die AMS-Qualifikationskurse auszubauen, dafür fehle nun das Geld.

Weniger Geld für Flüchtlinge

Sicher ist, dass die Regierung möchte, dass es weniger Mittel für Geflüchtete gibt. So wird der Budgetposten für Integration zusammengekürzt. Die vom Bund dem AMS zugesagten Eingliederungshilfen für Geflüchtete (80 Millionen Euro im Jahr) werden gestrichen. Hier zeigt die Statistik, dass es jedenfalls zu realen Einschnitten kommen wird. Die Zahl der vom AMS betreuten Geflüchteten ist gestiegen.

Der Verwaltungsrat, das oberste AMS-Organ, könnte die Kürzungen kompensieren, indem er frei verfügbare Mittel im Budget umschichtet und mehr für Integration ausgibt. Im Verwaltungsrat sitzen neben Sozialpartnern (drei Arbeitgeber, drei Arbeitnehmer) Regierungsvertreter. Ohne sie geht nichts. Dem Vernehmen nach haben die Leute des blau geführten Sozialministeriums schon klargemacht, dass kein frisches Geld für Geflüchtete ausgegeben werden soll. (András Szigetvari, 2.3.2018)