Den Trails im Trentino droht nicht das Aus. Falsche Informationen sorgen derzeit für Verwirrung.

Foto: Christoph Malin

Innsbruck – Die Nachricht lässt in diversen Online-Bikeportalen die Wogen hochgehen: Angeblich plane die Region Trentino, mehr als 80 Trails zu sperren. Aufgrund von Konflikten mit Wanderern seien Bikeverbote im großen Stil auch in Südtirol geplant, heißt es in hitzigen Forendebatten. Als Beweis für die Hysterie dient ein angeblich geleaktes Papier der örtlichen Behörden. Die Informationen, die dazu kursieren, sind großteils falsch oder unvollständig, auch wenn sie leider ein Körnchen Wahrheit beinhalten.

Zum wahren Kern der Story: Der Tourismusverband Trento, Monte Bondone, Valle Dei Laghi – also der örtliche Fremdenverkehrsverband der Stadt Trento sowie der direkten Umgebung – plant, auf seinem Gebiet 39 Wege oder Wegabschnitte für Mountainbiker zu sperren. Manche dieser Abschnitte sind nur wenige hundert Meter lang. Dieses Vorgehen passiert grundsätzlich im Einklang mit dem seit rund drei Jahren gültigen Gesetz, das Mountainbiken in der Region Trentino regelt und für die Biker die lange vermisste Rechtssicherheit schafft.

Neues Gesetz kommt zur Anwendung

Zur Vorgeschichte: Bis zur Verabschiedung des besagten Gesetzes vor gut drei Jahren galt im Trentino eine höchst unpraktikable Regelung. Mountainbiken war nur auf Wegen erlaubt, die nicht mehr als 20 Prozent Gefälle aufweisen und die mindestens so breit sind wie ein quergestelltes Fahrrad. Das neue Gesetz war da viel liberaler: Es darf grundsätzlich jeder Weg befahren werden, außer es ist ausdrücklich verboten und das Verbot ist klar erkennbar ausgeschildert.

Der gute Gedanke hinter dem neuen Gesetz war, Mountainbiken nicht zu verbieten, sondern zu kanalisieren. Daher wurde zudem beschlossen, dass jede der 15 Tourismusregionen im Trentino ein eigenes Wegenetz für Mountainbiker aufbaut und ausweist. Auf diesen Strecken wird das Fahren nicht nur erlaubt, sondern auch touristisch beworben und als Angebot genutzt. Zugleich kann auch jede dieser Regionen Wege ausweisen, auf denen sie das Fahren ausdrücklich untersagt. Meist handelt es sich dabei um vielfrequentierte Wanderwege.

Der Fokus liegt auf dem Begriff "ausweisen". Während die geförderten Wege als solche gekennzeichnet werden, müssen auch die verbotenen klar als solche ausgewiesen sein. Auf ausnahmslos allen anderen Wegen, die weder als Route noch als Verbotsstrecke gekennzeichnet sind, ist das Mountainbiken geduldet.

Nicht alle waren eingeladen

Alle 15 Trentiner Tourismusregionen haben diesen Prozess bereits erledigt. Nur die Stadt Trento mit ihrem örtlichen Verband hat diese Sitzungen erst diesen Winter abgehalten. Das Gesetz sieht vor, dass neben der Gemeinde auch der Tourismusverband, die Forstwirtschaft, der Alpenverein und die lokalen Bikeverbände am Verhandlungstisch sitzen. Allein, im Fall von Trento waren keine Vertreter der Bikeszene anwesend. Angeblich, weil man den Italienischen Radsportverband eingeladen hatte, der sich aber nur um Rennradler kümmert und den die Erhaltung von Trails für Mountainbiker wenig interessiert.

Das sorgte bei manchen für Unmut. Und aus diesen Kreisen soll nun das eingangs zitierte Behördenschreiben geleakt worden sein, in dem die Koordinaten von 87 Punkten aufgelistet sind, an denen man in unmittelbarer Umgebung der Stadt Trento plane, Fahrverbotsschilder aufzustellen. Zwar gehen der veröffentlichten Wegeliste fünf Textseiten in schwer verdaulichem Behördenitalienisch voraus. Doch um zu verstehen, dass die Liste der zur Sperrung vorgesehenen Trails weit kürzer ist als kommuniziert, hätte es ausgereicht, sich die zweite Spalte der Liste anzusehen, in der die Wegenummern (teils mehrfach) aufgeführt sind.

22 offizielle Touren

Eine weitere Liste mit 22 Strecken wird in den Falschmeldungen als jene bezeichnet, die Trails auflistet, die man weiterhin problemlos befahren dürfe. Doch wahr ist vielmehr, dass es sich dabei um jene 22 Touren – nicht Trails, es sind großteils Forstwegtouren – handelt, die der Tourismusverband Trento, Monte Bondone, Valle Dei Laghi künftig offiziell als sein Mountainbikeprogramm bewirbt.

Zwar wurden die Vorschläge im geleakten Papier bereits abgesegnet, allerdings wurde noch keine Beschilderung angebracht. Vollzogen werden kann der Beschluss erst, wenn die Schilder aufgestellt wurden. Mit der gesamten Region Trentino hat all das herzlich wenig zu tun, noch viel weniger mit Südtirol. Es geht um einen gut fünf Kilometer großen Radius rund um die Stadt Trento.

Was kritisch angemerkt werden kann, ist, dass Trento mit den neuen Bestimmungen als Destination für Trailbiker an Attraktivität einbüßt. Genau das sei wohl auch das Ziel gewesen, monieren Kritiker. Zwar bietet die Gegend viele tolle Strecken, aber die sind nur lokalen Fahrern bekannt, weil sie nicht ausgeschildert sind.

Stanciu hält Anfechtung für möglich

Die Bikeszene hätte in die Besprechungen eingebunden werden müssen, so wie der örtliche Alpenverein, der traditionell verhindern will, dass Mountainbiker seine Wege mitnutzen. Bikepionier Uli Stanciu, der persönlich sehr eng mit dem Trentino verbunden ist und in der Region um Trento lebt, hält eine Anfechtung des Beschlusses schon deshalb für möglich.

Ein weiterer Grund, die Sperren anzufechten, wäre, dass laut Gesetz Verbote nur nach drei Kriterien ausgesprochen werden dürfen: Es muss sich beim betreffenden Weg um einen historisch anerkannten handeln, er muss in einem Naturschutzgebiet liegen, oder er ist zu gefährlich, um mit dem Rad befahren zu werden. Keiner der drei Gründe scheint hier zur Anwendung gekommen zu sein, mutmaßt Stanciu. Er hofft, nächste Woche mehr Klarheit zu haben, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden.

Denn noch sind die veröffentlichten Informationen nicht umgesetzt worden, und es wäre wohl noch die Möglichkeit, hier durch Gespräche Anpassungen im Sinne der Mountainbiker vorzunehmen. Denn klar ist auch, dass die geplanten Maßnahmen deutlich über das Maß an Fahrverboten hinausreichen, das in den anderen 14 Trentiner Regionen zur Anwendung kommt.

Doch auf Basis inkorrekter Informationen in Szenemedien und via Social Media derlei Aufregung zu produzieren ist aus Sicht der Entwicklung des Mountainbikesports kontraproduktiv. So wird die dringend nötige Gesprächsbasis zwischen den handelnden Akteuren nachhaltig zerstört. (Steffen Arora, 5.3.2018)