Der erste Kunde bei der Tankstelle "Zum Kuckuck" verlangt lauter elementare Dinge: "Luft! Wasser!" Und Benzin braucht der Herr mit dem Trachtenhut nicht? Doch, Benzin braucht er auch, aber nur ein paar Tropfen. Der erste Kunde bei der Tankstelle "Zum Kuckuck" will nämlich nur sein Feuerzeug nachfüllen. Selbstverständlich kann ihm auch diesbezüglich geholfen werden, und damit haben die drei Freunde Willy, Kurt und Hans ihr erstes eigenes Geld verdient.

Die Komödie "Die Drei von der Tankstelle" kennt man heute vor allem als eine wichtige Station auf dem Karriereweg von Heinz Rühmann und wegen des Schlagers "Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt!" Bevor sie auf die Idee mit der Tankstelle kamen, haben Willy, Kurt und Hans in den Tag hineingelebt. Nun müssen sie zum ersten Mal etwas für das eigene Auskommen tun. Sie stellen aber bald fest, dass es Besseres gibt, als eine Tankstelle zu führen. Besser ist es allemal, mehrere Tankstellen zu führen.

Ein Freund, ein guter Freund aus "Die drei von der Tankstelle".
EinLiedgehtumdieWelt

Overall und frische Luft

So vollzieht diese frühe Schwarz-Weiß-Komödie, die 1955 noch einmal in Farbe, dieses Mal aber mit Peter, Robert und Fritz gemacht wurde, einen bedeutenden Schritt im Versorgungswesen der motorisierten Welt mit den Kraft- und Füllstoffen Benzin, Luft und Wasser: Sie führt von der Filiale zur Kette und vom Tankstutzen hinter den Schreibtisch. Die Arbeit an der Säule hat ja Vor- und Nachteile. Zu den Vorteilen zählen der Overall, die frische Luft und die vielen Bekanntschaften. Zu den Nachteilen zählen der Geruch, das Rauchverbot und die vielen Kunden, die vorbeifahren.

Dass über den Tankstellen der Geruch von Freiheit hängt, das gehörte schon immer zum Bild – auch im Film. Gleichzeitig sind die Tankstellen aber auch Engstellen. Hier treffen Leute auf der Durchreise auf Leute, die festsitzen.

So zum Beispiel in "The Killers" (1946) von Robert Siodmak, einem Klassiker der Schwarzen Serie. Burt Lancaster spielt einen ehemaligen Boxer, genannt "Der Schwede", der sich in eine Gangsterbraut namens Kitty verliebt, woraus sich allerlei Schwierigkeiten ergeben, die dazu führen, dass der "Schwede" untertaucht. Er findet dafür eine Tankstelle in Brentwood, New Jersey. Nun haben es aber Tankstellen an sich, dass dort viele Leute vorbeikommen ... wie auch immer, es kann der beste Schwede nicht in Ruhe leben mit so einem exponierten Beruf.

Nicht nur tanken

Häufig gibt es an den Tankstellen nicht nur zu tanken, sondern auch zu essen – außerdem sind üblicherweise Gelegenheiten angeschlossen, um sich zu erleichtern. In Monte Hellmans einschlägigem Klassiker "Two-Lane Blacktop" (Asphaltrennen) wird dieser Zweckzusammenhang zur Szenerie eines fast schon absurden Theaters.

An einer sehr einsamen Landstraße liegt eine schäbige Tankstelle. Ein gelber Sportwagen, gelenkt von dem gut aussehenden Warren Oates, hält. Der Fahrer schnappt sich eine Cola und begibt sich in die leichte Schräglage, in der man mit einer Röhrenjeans besonders gut aussieht. Währenddessen klettert auf der Beifahrerseite ein Texaner im Anzug aus dem Auto und macht sich auf die Suche nach den Waschräumen, wie das im Amerikanischen genannt wird. Er findet nur einen für Ladys, und wird da drin auch prompt ein wenig später von einer jungen Lady entdeckt.

Eine wichtige Rolle spielt die Tankstelle auch im Klassiker "Two-Lane Blacktop".
SpeedBottles

Ob das der Grund ist, dass der Texaner danach wortlos seine Tasche an sich nimmt und von einer Weiterfahrt mit dem gelben Wagen absieht?

Die Szene ist ein Paradebeispiel für den rätselhaft existenzialistischen Stil des Regisseurs Monte Hellman und gehört auf der Liste der besten Kinotankstellen ganz oben unter die Top Ten. Von den 1950er- bis in die 1970er- Jahren waren die Gas Stations vor allem im amerikanischen Kino eine klassische Anlaufstelle für junge Leute, die gerade den Führerschein gemacht hatten, und die nicht so recht wussten, wohin mit dem Taschengeld, der Freundin, sich selbst und dem Wagen (der oft noch vom Vater geborgt war).

Vermutlich hat aber niemand sich jemals so genau überlegt, welche Bedeutung eine Tankstelle als Ort haben kann, wie der deutsche Regisseur Philip Gröning, von dem im Februar der Film "Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot" bei der Berlinale Premiere hatte.

Explosiv

Gröning ging so weit, dass er im hintersten Südwestdeutschland eigens eine Tankstelle als Set bauen ließ. In einem Interview erklärte er, was es damit für eine Bewandtnis hatte: "Ich hatte eine genaue Vorstellung: Im Hintergrund sollten die Berge zu sehen sein, ich wollte eine gewundene Landstraße und im Bild durfte sich kein anderes Haus befinden. Die Blickachsen sind so fundamental für eine Erzählung, dass man nicht an beliebigen Schauplätzen drehen kann. In dem Gesamteindruck der Tankstelle vor dem Bergpanorama findet der utopische Ort der Heimat einen Ausdruck. Die Heimat, die man nie erreicht."

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Kürzlich hatte bei der Berlinale der Film "Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot" Premiere. Für den Film ließ Philip Gröning eigens eine Tankstelle als Set bauen.
Foto: Philip Gröning

Damit ist perfekt beschrieben, dass die Tankstelle auch im Kino vor allem als ein Ort des Übergangs eine wichtige Rolle spielt, als ein Ort, an dem man zu spüren scheint, dass er explosives Material enthält. An Tankstellen liegt immer etwas in der Luft, und sei es nur, dass jemand daherkommt und nach Luft verlangt. (Bert Rebhandl, RONDO, 13.5.2018)

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