Energieflüsse reinigen und wiederherstellen, lautete der Auftrag an jenen "Bewusstseinsforscher", den die Projektverantwortlichen des Krankenhauses Nord um 95.000 Euro engagiert hatten. Die Causa, die nicht nur die Wiener Oppositionsparteien auf den Plan ruft, ist aufklärungsbedürftig – nicht nur wegen ihrer skurrilen Esoterik. Der Auftrag schrammt knapp am ausschreibungspflichtigen Honorar in Höhe von 100.000 Euro vorbei. Das riecht nach Absicht. Zudem reiht sich die energetische Reinigung in eine Pannenserie rund um das Skandalspital Nord ein. So stiegen die Kosten von ursprünglich 800 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden Euro, auch der Zeitplan läuft völlig aus dem Ruder. Der Vollbetrieb des Krankenhauses, das die Versorgung in den nördlichen Bezirken sicherstellen soll, wird nun erst ab September 2019 möglich sein.

Zeitlich fällt die Causa mit dem Neustart des Wiener SPÖ-Chefs Michael Ludwig zusammen. Der künftige Bürgermeister lud seine Mitstreiter zu einer zweitägigen Klausur auf den Kahlenberg. Bei der Pressekonferenz musste er sich zum Krankenhaus Nord äußern. Es seien noch viele Gespräche zu führen, wie man Großprojekte in Zukunft besser aufstellt, sagte er und versprach, alles bis ins Detail aufzuklären. Ludwig schreckte trotzdem nicht davor zurück, weitere Bauvorhaben anzukündigen. Er plant eine Open-Air-Bühne an der Donau sowie eine Mehrzweckhalle. Die Stadt wird sich hüten, bei diesen Bauvorhaben Energieberater zu beauftragen.

Verschwendungspolitik

Nun könnte man meinen, visionäre und der Gesellschaft dienende Großprojekte dürften Geld kosten. Und gerade ein Krankenhaus ist ja wirklich ein wichtiges und notwendiges Infrastrukturvorhaben. Doch zu oft ist die Stadt schon wenig sorgsam mit Steuergeldern umgegangen. Erst am Donnerstag wurde bekannt, wie großzügig die Stadt Wien etwa nach wie vor bei der Inseratenvergabe ist. Im vergangenen Jahr schaltete sie Werbung in Höhe von 17,7 Millionen Euro. Das ist zwar ein Rückgang gegenüber 2016, trotzdem bleibt Wien Spitzenreiter. Die Bundeshauptstadt gab 1,8-mal mehr aus als alle anderen Bundesländer zusammen. Die Rechercheplattform Dossier hat darüber hinaus erhoben, dass just der künftige Bürgermeister das Inseratenbudget seines Vorgängers Werner Faymann als Wohnbaustadtrat noch überboten hat. 2016 beliefen sich die Ausgaben laut Rechenschaftsbericht auf mehr als fünf Millionen Euro.

Budgetausgaben ohne Maß und Ziel? Sicherlich spielt das mit eine Rolle in der Frage, warum die Causa "Energie-Ring" so viele Menschen aufregt. Sie kann als Spitze des Eisbergs in Sachen Verschwendungspolitik des roten Wien gesehen werden – und viele Projekte der Stadt werden so unter den Teppich gekehrt. Denn es werden ja durchaus gute, zukunftsweisende Maßnahmen gesetzt, im Sozialbereich oder beim öffentlichen Verkehr. Die negativen Schwingungen, die auch der esoterische Energieberater beim Spital Nord nicht auffangen kann, spielen nun freilich der Opposition in die Hände. Die FPÖ kündigte sogleich eine Untersuchungskommission an.

Immerhin trennte sich die Stadt schnellstmöglich von der Projektverantwortlichen. Ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen.

Ludwig sagte, die SPÖ wolle "für die Zukunft lernen". Das sei ihr auch dringend geraten. Einen weiteren Skandal wie jenen um das Spital Nord wird sich das rote Wien nicht leisten können. (Rosa Winkler-Hermaden, 16.3.2018)