Angesichts des Frontal angriffs der FPÖ auf den Österreichischen Rundfunk (auch wenn das Medienminister Gernot Blümel von der ÖVP nicht wahrhaben will) und der mitunter heftigen Debatte zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern (wie zuletzt in der sonntäglichen Diskussion Im Zentrum) sei folgendes Gedankenexperiment angestellt:

  • Erstens Auch Privatsender führen Gebühren nach eigenem Ermessen ein, ohne vom Gesetzgeber dazu verpflichtet zu werden, mehr Beiträge im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrags für den ORF zu senden. By the way: Was unterscheidet Pay-TV für spezielle Inhalte von "Zwangsgebühren"?

Gebühren freistellen

  • Zweitens Im Gegenzug wird es dem ORF erlaubt, seine Gebühren nach eigenem Ermessen festzusetzen und es seinen Sehern/Hörern freizustellen, ob sie an Bord bleiben oder nicht. Ohne Gebühren gäbe es dann selbstverständlich – wie bisher – keine Möglichkeit, die Leistungen des ORF in Anspruch zu nehmen.
  • Drittens Zwischen ORF und Privatsendern sind gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Führt zum Beispiel der ORF Gebührenteile an die Bundesländer ab, hätten dies natürlich auch die Privatsender zu tun.

Welche Konsequenzen?

Was würde in einem solchen Fall passieren?

  • Würden die Privatsender deutlich mehr öffentlich-rechtliche Inhalte bringen, um ihre eigenen neuen Gebühren zu rechtfertigen? Und würden sie vielleicht sogar wieder die Werbeunterbrechungen bei Filmen zurücknehmen?
  • Oder würden die Privatsender auf eine mögliche Gebührenfinanzierung weiterhin verzichten, weil sie ihren Content als nicht genügend wettbewerbsfähig betrachten bzw. weil sie ihre vermeintlichen Preisvorteile nicht gefährden wollen?

Umfassendes Angebot

  • Würde der ORF seine Gebühren vielleicht sogar erhöhen, weil er von der Qualität seines umfassenderen Angebots überzeugt ist und diese vielleicht noch verbessern will?
  • Oder würde er sie auf der Grundlage eines effizienten Kostenmanagements bei gleichbleibender Qualität senken, um wettbewerbsfähiger zu werden?
  • Würde es à la longue auf Basis dieser Überlegungen zu einer Nivellierung der Leistungsangebote von ORF und Privatsendern kommen?
  • Und würde der ORF, wenn Marktmechanismen stärker zum Tragen kommen, gar zusammenbrechen, weil ihm die Seher und Hörer bei erhöhter Konkurrenz in Scharen davonlaufen?

Ich glaube das vorweg einmal nicht. Denn es ist ja auch gut vorstellbar, dass eine derartige vorsichtige Marktöffnung bei den Medienkonsumenten dazu führt, mehr das jeweilige Preis-Leistungs-Verhältnis in den Blick zu nehmen, als ständig nur auf die "Zwangsgebühren" des ORF zu starren. (Josef Redl, 18.3.2018)