Wien – Die Justiz zeigt massiven Widerstand gegen die von der Regierung verordneten Kürzungen: 5.000 Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger und Kanzleimitarbeiter et cetera haben eine Protestnote dagegen unterschrieben. Richterpräsidentin Sabine Matejka fordert den für den öffentlichen Dienst zuständigen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) auf, endlich mit den Justizvertretern zu reden.

Zwei Drittel aller Kollegen an den ordentlichen Gerichten, am Obersten Gerichtshof, am Bundesverwaltungsgericht und am Bundesfinanzgericht haben binnen nicht einmal einer Woche das Protestschreiben unterzeichnet. Unter dem Titel "Justiz wird totgespart – Rechtsstaat in Gefahr!" warnen die Standesvertretungen, dass die aktuellen Sparvorgaben der Regierung – vor allem die weiteren Personalkürzungen – Unabhängigkeit und Qualität der Justiz gefährden.

Längere Verfahren

Sollte die Regierung nicht doch noch in letzter Minute einlenken, wird es zu weiteren Protestmaßnahmen kommen, sagte Matejka am Dienstag zur APA: "Wenn man sich jetzt nicht wehrt, wird es so weitergehen." Durch die Kürzungen werden Verfahren länger dauern und das Erwachsenenschutz nicht – beziehungsweise nur mit großer Verzögerung – umgesetzt werden können, müssen doch ab Jahresmitte 60.000 Sachwalterschaften geprüft werden. Auch für das geplante Sicherheitspaket, die vielen Asylverfahren und sonstige Gesetzesänderungen wären für eine ordentliche, rasche Erledigung der Aufgaben eigentlich mehr Planstellen erforderlich.

Mit dem Doppelbudget 2018/19, das der Finanzminister am Mittwoch im Nationalrat präsentiert, wird an Gerichten und Staatsanwaltschaften aber Personal gekürzt – und zwar nicht nur Planstellen von Beamten und Vertragsbediensteten (82 heuer, 88 plus weitere 46 im Jahr 2019) gestrichen, sondern de facto auch die Zahl der Richter verringert: Denn 40 Posten – die wegen dringenden Bedarfs über den Stellenplan hinaus geschaffen worden waren – werden mit dem Argument des "Überhangs" nicht nachbesetzt.

Dritte Staatsgewalt verlangt Respekt

"Ich fordere Sie auf, Ihre Regierungsverantwortung wahrzunehmen, die Rolle der dritten Staatsgewalt zu respektieren und deren Unabhängigkeit, Leistungsfähigkeit und Qualität nicht zu gefährden!", appellieren die 5.000 Unterzeichner deshalb an die Regierungsmitglieder. Im Regierungsprogramm haben ÖVP und FPÖ noch bekundet, dass "die objektive, faire, unabhängige und zügige Verfahrensführung durch Gerichte und Staatsanwaltschaften höchste Priorität" habe. Die aktuellen Sparvorgaben stünden dazu aber in "krassem Widerspruch", wird in der Protestnote kritisiert.

Vizekanzler und Beamtenminister Heinz-Christian Strache (FPÖ) spricht "gerne" mit Richter-Präsidentin Sabine Matejka und anderen Justizvertretern über das Budget für 2018/19 – erklärte er am Dienstag, nachdem die Protestnote veröffentlicht wurde. Für die kritisierten Kürzungen fühle sich Strache allerdings nicht zuständig.

Die Nicht-Nachbesetzung von 40 "Überhängen" bei den Richtern sei "ein reines Vollzugsthema des Justizministeriums", stellte Strache in einer Aussendung fest. Die Einsparungen – also Postenkürzungen – würden im Verwaltungsbereich umgesetzt, nicht bei den Richtern. Und der Personalplan für die Justiz sei in enger Abstimmung mit dem Ministerium unter Einbindung des Finanzressorts erstellt worden. (APA, 20.3.2018)