Die neue alte Tiroler Landesregierung – mit Ausnahme der Grünen Gabi Fischer (2. v.l.) bleibt das Team gleich.

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Innsbruck – Pragmatismus auf der einen, Kontinuität auf der anderen Seite. Die Neuauflage der schwarz-grünen Koalition in Tirol ist nicht von Euphorie und Aufbruchsstimmung begleitet wie noch vor fünf Jahren. Die Grünen hätten sich als "stabiler Partner" erwiesen, sagte Landeshauptmann Günther Platter (VP) am Donnerstag anlässlich der Präsentation der neuen alten Regierung in Innsbruck. Und: Er wolle in seinem Land keine Experimente.

Sein Gegenüber, Vize-Landeshauptfrau Ingrid Felipe (Grüne), sprach angesichts des Regierungsübereinkommens von einem "pragmatischen Paket", das man sich zwar "grüner gewünscht hätte", aber letztlich müsse man akzeptieren, Junior nebst einem "großen Partner" zu sein.

Als die grüne Basis am Mittwochabend über das knapp 80-seitige Koalitionspapier abgestimmt hat, wurde deutlich, in welchem Zwiespalt man sich befindet. Einerseits ist allen klar, dass eine Regierungsbeteiligung in Tirol als Basis für einen Neustart auf Bundesebene von elementarer Bedeutung ist. Andererseits musste man dafür inhaltlich schmerzliche Zugeständnisse an die erstarkte Volkspartei machen – etwa die Zustimmung zum Fernpass-Scheiteltunnel, die im Regierungspakt vermerkt ist. Genau dagegen waren die Grünen im Landtagswahlkampf noch als "Umweltfighter" aufgetreten.

Felipe verliert Kompetenzen

Die Naturschutzagenden von Felipe wurden ebenfalls eingeschränkt. Alles, was Wasserkraftwerke und Beschneiungsanlagen angeht, fällt nicht mehr in ihren Bereich, sondern wandert zu Platters Vize Josef Geisler. Selbst Personalia hat die VP den Grünen diktiert und damit den streitbaren Klubobmann Gebi Mair als Umweltlandesrat verhindert.

Andererseits haben die Grünen im Sozialbereich – sie stellen mit Gabi Fischer die zuständige Landesrätin – ihre Handschrift einbringen können. So wird es bei der Mindestsicherung zu keinen weiteren Kürzungen kommen. Im Gegenteil: Bis Mai soll bei den Wohnkosten sogar eine Anhebung passieren. Auf Bundesebene will man, zusammen mit der VP, das Tiroler und Vorarlberger Modell zum Vorbild für eine neue 15a-Vereinbarung machen.

Beide Partner haben sich auf die Themen Wohnen und Verkehr als Prioritäten für die kommenden fünf Jahre geeinigt. So werden zusätzlich 230 Millionen Euro für leistbares Wohnen zur Verfügung gestellt. 30 Millionen davon sollen in eine Art landesweite Mietzinsbeihilfe fließen, 50 Millionen in Projekte für studentisches Wohnen in und rund um Innsbruck.

Bei den Personalia setzt Platter auf sein bewährtes Team – doch es gibt interessante Kompetenzverschiebungen. So wird Bildungs- und Kulturlandesrätin Beate Palfrader zusätzlich die Agenden Arbeit und Wohnen übernehmen. Die AABlerin Palfrader gilt als Kritikerin der türkis-blauen Bundesregierung und war die erste in der Tiroler VP, die Parteichef Sebastian Kurz offen kritisiert hatte. Sie werde sich auch künftig kein Blatt vor den Mund nehmen, ließ sie am Donnerstag wissen. Gerade im Bereich Bildung will sie auch entgegen der Bundeslinie weiterhin ihre progressive Linie fahren: "Es gibt viel Raum für Gestaltungsmöglichkeiten."

Der VP-Wirtschaftsflügel hätte lieber die FPÖ als Partner gesehen. Wie sehr sich Wirtschaftsbundobmann Franz Hörl, der sich als eine Art politischer Kettenhund der Seilbahnwirtschaft gibt, über die Neuauflage von Schwarz-Grün ärgert, zeigte seine Pressemeldung – zehn Minuten bevor die neue Landesregierung am Donnerstag vorgestellt wurde. Mit Verweis auf alle Kompromisse, die die Grünen eingegangen sind, ätzte er in deren Richtung: "Das Ergebnis ist mehr als zufriedenstellend. Man erkennt sofort, wer hier Juniorpartner und wer der Taktgeber in der neuen Regierung ist!"(Steffen Arora, 22.3.2018)