Maiaufmarsch in einer obersteirischen Industriestadt, enttäuschte Genossen: Früher ist da zumindest ein Minister gekommen, manchmal sogar der Bundeskanzler. Diesmal aber keine Prominenz, denn man schrieb den 1. Mai 2000, die SPÖ war nicht mehr in der Regierung. Und es dauerte weit über den 1. Mai hinaus, bis sich das auch ins Bewusstsein der Partei eingeprägt hatte.

Denn die SPÖ ist eine Partei der Machtausübung. Darauf wurde sie geeicht, seit dem Zweiten Weltkrieg: Regieren mit besonderem Blick auf die Interessen der Arbeitnehmerschaft. Besonders gern als Kanzlerpartei. Aber auch als Juniorpartner 1945-1966 hatte sie die von ihrem Gewerkschaftsflügel definierten Arbeitnehmerinteressen recht effizient umgesetzt. Die ÖVP-Alleinregierung 1966 und noch mehr die schwarz-blaue Koalition 2000 wurden als historische Unfälle und als tiefe Beleidigung empfunden.

Es ist mühsam und meist frustrierend, in der Opposition zu verharren, noch dazu, wenn man aus Staatsräson eine konstruktive, sozialpartnerschaftlich orientierte und populistischen Extremen abholde Oppositionspartei sein will – wie es die SPÖ, aber auch die ÖVP in ihrer jeweiligen Oppositionszeit gewesen sind. Wobei sich die ÖVP 1970-1986 immerhin damit trösten konnte, die meisten Bürgermeister und Landeshauptleute stellen zu können. Das ist für die SPÖ nicht in Sicht. Da wird es einsam auf der Oppositionsbank und wenig glänzend bei Maiaufmärschen. (Conrad Seidl, 26.3.2018)