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Derzeit haben Lehrer und Lehrerinnen, die in ihrem Herkunftsland ausgebildet wurden, quasi keine Möglichkeit, hier zu unterrichten – die Nostrifizierung ist aufwendig. Nachweise müssen erbracht, Prüfungen nachgeholt werden.

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Freude über die Chance, die ihm gegeben wurde, und gleichzeitige Sorge um die Zukunft: Informatiklehrer Ahmed Zeki Alhamid.

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Jungen Leuten zu helfen, ihre Ziele zu erreichen, das gefalle ihm besonders am Lehrerberuf, sagt Ahmed Zeki Alhamid. Der 36-Jährige hat, bevor er nach Österreich kam, mehr als drei Jahre lang Informatik an einer Berufsschule in Bagdad unterrichtet. "Einer meiner Schüler hat mir immer erzählt, er wolle Ingenieur werden. Nach ein paar Jahren hat er mich angerufen und gesagt: 'Ich bin Ingenieur.'" Solche Geschichten motivierten ihn, deswegen halte er den Lehrerberuf für einen der wichtigsten in der Gesellschaft.

Damit er ihn auch in Österreich ausüben kann, nimmt Alhamid derzeit an einem Kurs der Universität Wien teil. Mit dem Zertifikat, das ihm nach zwei Semestern verliehen wird, kann er an heimischen Schulen lehren.

Neben Alhamid belegen noch 22 andere geflüchtete Lehrer und Lehrerinnen mit Aufenthaltstitel den Kurs – elf Frauen und zwölf Männer, der Großteil davon aus Syrien. Die meisten haben einen mathematisch-naturwissenschaftlichen Hintergrund. Derzeit haben sie quasi keine Möglichkeit, hier zu unterrichten – die Nostrifizierung ist aufwändig. Nachweise müssen erbracht, Prüfungen nachgeholt werden.

Ein Neuanfang

Als er 2015 nach Österreich kam, hat der 36-Jährige gleich in vielerlei Hinsicht ganz von vorn anfangen müssen. "Ich fühlte mich, als wäre ich fünf Jahre alt." Er habe begonnen, die Sprache zu lernen, sich zurechtzufinden unter neuen Leuten, in einer neuen Kultur, einem ganz neuen System. "Aber das hat mich auch sehr gefreut. Ich möchte ja hier in Österreich bleiben." Die Jobsuche gestaltete sich allerdings schwierig. "Ich habe so viel gesucht, aber nichts gefunden", sagt Alhamid. Als Lehrer konnte er eben nicht arbeiten. Deshalb habe er sich für Informatikabteilungen in Firmen beworben. "Zuletzt war es mir egal, was ich mache, ich hätte alles genommen." Er erhielt jedoch nur Absagen.

"Die Firmen verlangen nach einer österreichischen Ausbildung." Daher hat Alhamid sich schließlich für ein Masterstudium für Softwareengineering an der Technischen Uni Wien angemeldet. Und wurde zugelassen.

Zweifel und große Ängste

Dann kam die Zusage für den Zertifikatskurs. Alhamid wurde aus rund 100 Interessierten ausgewählt. Er freue sich über die Chance, doch als Lehrer, "den Beruf, den ich gelernt habe", in Österreich arbeiten zu dürfen.

Nach Abschluss des Zertifikatskurses im Juni können sich die Kursteilnehmer beim Stadtschulrat bewerben und über Sonderverträge angestellt werden. Alhamid hat Zweifel, ob das auch funktionieren wird. "Das ist die große Angst von uns allen: dass wir keinen Job bekommen", sagt der Iraker. Er werde sich auf jeden Fall auch in Schulen außerhalb Wiens bewerben.

Da viele Teilnehmer Ausbildungen in gefragten Fächern, wie Mathematik, Informatik, Chemie oder Physik – also den sogenannten MINT-Fächern – vorweisen, hätten viele vermutlich gute Chancen auf eine Beschäftigung, sagt Ulrike Doppler-Ebner, Pflichtschulinspektorin für Wien-Floridsdorf. Seitens des Stadtschulrates mache man auch keinen Unterschied zwischen Absolventen des Programms und anderen Lehrern.

Praktika an Schulen

Inhalt des Kurses sind "Allgemeine bildungswissenschaftliche Grundlagen" . Dazu kommen Deutschkurse, Niveau C1. Zwei Tage pro Woche absolvieren die Teilnehmer ein Praktikum an einer Schule. Alhamid etwa unterrichtete zuletzt an einem Abendgymnasium. Einige Schüler haben ebenfalls Arabisch als Muttersprache, ihnen könne er besser helfen, so der Lehrer. Er unterrichtet Powerpoint, Excel, die Grundlagen von Computern und Betriebssystemen und die Maschinensprache, sein "Lieblingsthema".

Finanziert wird der Zertifikatskurs überwiegend vom Außenministerium. Das EU-Projekt Core trägt einen Großteil der Raumkosten und finanziert die Mentoren. Das mit sechs Millionen Euro dotierte Projekt setzt noch weitere Maßnahmen, um Geflüchtete für den österreichischen Arbeitsmarkt vorzubereiten. Ein zweites Beispiel aus dem Schulbereich: Asylwerber mit pädagogischer Erfahrung fungieren in Wiener Schulen als Dolmetscher, Nachmittagsbetreuer, Begleitpersonen bei Exkursionen, oder sie unterstützen in der Elternarbeit.

Ob der Kurs für geflüchtete Lehrer im nächsten Schuljahr weitergeführt wird, ist derzeit noch unklar. Seitens der Projektpartner wäre man dazu bereit, sagte Projektleiterin Michelle Proyer, die weitere Finanzierung sei aber noch nicht gesichert. (Lisa Breit, 6.4.2018)