Österreich hätte also im Syrien-Konflikt vermitteln wollen. Das zumindest war die Botschaft, die Außenministerin Karin Kneissl bei ihrer Reise nach Moskau zu insinuieren versuchte. Denn das hätte so etwas wie außenpolitische Aktivität gezeigt. Damit hätte sich einmal mehr die wunderbar friedfertige "Österreich ist Brückenbauer"-Geschichte erzählen lassen. Und dabei wären schöne, auch innenpolitisch gut verwertbare Bilder im heimeligen Wien entstanden. Deren Subtext: Österreich, eine Weltmacht – im Schmähtandeln, muss der Beobachter hinzufügen.

Vermittlermissionen brauchen, sollen sie nicht bloße Show sein, üblicherweise ein Mindestmaß an inhaltlichem Input und auch finanziellem Engagement. Das hat etwa das zeitweilig erfolgreiche Friedensmanagement Norwegens in Sri Lanka gezeigt. Das bloße Bereitstellen livrierter Kellner, die Kaffee und Kuchen in Wien servieren, reicht noch nicht für eine Vermittlungstätigkeit aus. Das ist bestenfalls diplomatische Gastronomie.

Kneissl konnte und wollte in Moskau keinen inhaltlichen Zusatznutzen namhaft machen, der den Begriff Vermittlung für die österreichische Initiative hätte rechtfertigen können. Für eine Außenministerin, die dem Bundeskanzler unter der Hand gern dessen "Marketingorientierung" vorwirft und für sich selbst unbedingt in Anspruch nimmt, Sachpolitik zu machen, ist das zu wenig. Dieser Logik folgend könnte selbst ein wohlmeinender Diplomat am Ende glatt noch in die Verlegenheit geraten, einen schroffen Gouvernantenton womöglich mit einer neuen, exquisiten Gesprächskultur zu verwechseln.

Interessenpolitik

Hinter dem Taschenspielerzirkus um die angebliche Vermittlungsmission steht ein größer werdendes und substanzielles Problem für die Bundesregierung: Österreich wird in der internationalen Wahrnehmung immer öfter als nach Osten denn als nach Westen lehnend gesehen. In Brüssel und in Washington heben sich die Augenbrauen, wenn die Rede auf die generelle Nähe Wiens zu Moskau kommt oder die diplomatische Untätigkeit im Fall Skripal. Besonders die Amerikaner sind dem Vernehmen nach mehr und mehr irritiert.

Natürlich ist Österreich mit seinem wirtschafts- und energiepolitischen Engagement in einer Sondersituation, wenn es um Russland geht. Und natürlich muss Wien in diesem Fall eine andere Interessenpolitik verfolgen als beispielsweise Schweden oder Portugal. Aber Interessenpolitik ist mitunter eben auch Symbolpolitik. Wer verstünde das besser als der Bundeskanzler, der – Kneissl hin oder her – letztendlich die österreichische Außenpolitik federführend bestimmt und verantwortet.

Der springende Punkt ist: Es gibt Zeiten, in denen es nicht mehr genügt, den ewigen Brückenbauerschmäh zu bringen. Österreich wird sich deklarieren, Position beziehen müssen. Österreich wird deutlich machen müssen, wohin es gehört – in den Westen nämlich. Daran darf nicht der geringste Zweifel aufkommen, auch dann nicht, wenn Wien seine legitimen Interessen verfolgt.

Innenpolitische Gschaftlhuberei als vorgeblich weltbewegende Außenpolitik verkaufen zu wollen ist für diesen Zweck denkbar ungeeignet. Die internationalen Partner könnten sich bei dem Schauspiel denken, die Republik Österreich habe etwas dahinter zu verbergen oder – noch schlimmer – sie nehme sich auch selbst nicht wirklich ernst. (Christoph Prantner, 20.4.2018)