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Maximal effizienter Minimalismus: Steve Reich.

Foto: Reuters

Das am Mittwoch startende Aspekte-Festival für zeitgenössische Musik widmet sich dem Zusammenspiel von Bildern und Tönen. Sein Höhepunkt steht am Donnerstag auf dem Programm, wenn das Streichquartett des London Contemporary Orchestra (LCO) eine Komposition von Steve Reich aufführen wird: das 1988 vom New Yorker Minimal-Music-Pionier geschaffene Different Trains.

In den frühen 1960ern begannen La Monte Young, Philip Glass, Terry Riley und Reich mit reduziertesten Mitteln und repetitiven Klängen zu arbeiten. Mit dem Stilmittel der Wiederholung positionierten sie sich bewusst gegen die europäische Avantgarde und deren Vorliebe für Dissonanzen: Die jungen US-Komponisten opponierten dagegen, indem sie Harmonie, Melodie und Rhythmus rehabilitierten. Vor 50 Jahren verfasste Reich sein Manifest Music As A Gradual Process, in dem er Musik mit dem Rieseln des Sandes in einer Sanduhr sowie dem Hin- und Herschwingen einer Schaukel verglich. Trance durch Monotonie ist das Ziel.

Geschichtsaufarbeitung per Minimalismus

Bei aller Rückkehr zu gewohnten Hörmustern fallen bei Reich einige innovative Arbeitsweisen auf: Zum einen gründete er ein eigenes Ensemble, Steve Reich And Musicians, das ganz wie die Rock- und Jazzbands der Zeit etwa in Kunstgalerien, Clubs oder Discos aufspielte. Reich war von Bebop und Modern Jazz beeinflusst, dazu verehrte er John Coltrane.

Letztlich dienten seine Klangschöpfungen als Vorbild für Rock- und Pop-Innovatoren wie David Bowie oder Brian Eno, die in den 1970ern zu seinen Konzerten pilgerten. Interessanter als andere Minimalisten ist Reich auch wegen seiner Rhythmik. Als Schlagzeuger verband er Polyrhythmik mit einer neuen Kompositionsweise, dem Phasing: also Patterns genannten Motiven, die sich langsam verschieben.

Im ursprünglich vom Kronos Quartet eingespielten Stück Different Trains verarbeitete Reich auch die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Während des Zweiten Weltkriegs reiste er als Scheidungskind oft mit dem Zug von der Ost- an die Westküste, und später wurde ihm als Jude bewusst, dass er in Europa wohl mit Waggons in die KZs gebracht worden wäre: In Different Trains kombiniert er Zuggeräusche mit Tonschnipseln von Holocaust-Überlebenden. (dog, 24.4.2018)