Mehr als 300 Menschen kamen zur feierlichen Enthüllung des neuen Mahnmals am Salzburger Residenzplatz.

Foto: Stadt Salzburg/Niko Zuparic

Die Künstler Florian Ziller (rechts am Tuch) Fatemeh Naderi (mitte) und Vizebürgermeister Bernhard Auinger enthüllten das Mahnmal.

Foto: Stadt Salzburg/Niko Zuparic

Im Inneren des Betonkubus ist ein Buchskelett zu sehen.

Foto: Stefanie Ruep

Salzburg – Mehr als 300 Salzburgerinnen und Salzburger besuchten am Montagabend die feierliche Enthüllung des neuen Mahnmals zur Erinnerung an die Bücherverbrennung. Am 30. April 1938 wurden über 1200 Bücher linker, jüdischer und katholischer Autoren auf dem Residenzplatz auf den Scheiterhaufen geworfen. Es war die größte Bücherverbrennung auf österreichischen Boden, initiiert vom Nationalsozialistischen Lehrerbund, allen voran dem NS-Lehrer Karl Springenschmid. 80 Jahre später erinnert nun ein Denkmal am Residenzplatz an den barbarischen Akt.

Beim Festakt wurden auch kritische Töne laut. "Wer hat sich nicht schon gefragt, warum die Skulpturen der Salzburg Foundation zentral an vielen prominenten Plätzen der Altstadt stehen können, während Mahnmale an das NS-Regime nur an deren Rändern, um nicht den Interessen von Tourismus, Kommerz und Denkmalschutz im Weg zu stehen", sagte Festredner Anselm Wagner von der TU Graz. Der gebürtige Salzburger konstatierte: "So gesehen müssen wir eigentlich froh sein, dass wir heute hier am Residenzplatz dieses Mahnmal enthüllen dürfen und nicht irgendwo im Aigner Park."

Gewollte Unsichtbarkeit

Der Kunsthistoriker verwies etwa auf das Antifaschismus-Mahnmal von Heimo Zobernig am Bahnhofsvorplatz, "das an den am wenigsten frequentierten Rand des Platzes gedrängt wurde, von mehreren Baumreihen verdeckt wird und in seiner minimalistischen Gestaltung seine gewollte Unsichtbarkeit auf die Spitze treibt".

Auch der Standort des Euthanasiemahnmals von Otto Saxinger im Kurgarten sei verwunderlich. Wo es "in scheinbar friedlicher Koexistenz mit den Naziskulpturen von Josef Thorak wie eine harmlose Parkbehübschung wirkt", weil sich die Primari der Christian-Doppler-Klinik erfolgreich gewehrt hätten, dass es am Ort des Geschehens aufgestellt wird, sagte Anselm Wagner.

Der KZ Verband kritisierte im Vorfeld, dass das Mahnmal für die Bücherverbrennung nicht am historisch korrekten Brandort, nahe der Platzmitte, errichtet wurde. Die Kritik sei berechtigt, meinte Anselm Wagner. "Andererseits macht der Standort auch genau den Stellenwert kenntlich, den die Stadt Salzburg und ihre BewohnerInnen heute der Aufarbeitung ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit einräumt: durchaus an prominenter Stelle, aber nicht allzu auffällig."

Mahnmal erfolgreich, wenn es stört

Das Mahnmal von Fatemeh Naderi und Florian Ziller wirke zunächst wie ein harmloses Stadtmöbel, eine Sitzbank oder ein Brunnen, sagte Wagner. "Diese perfekte Tarnung fliegt erst dann auf, wenn man direkt vor dem Objekt steht." Im Inneren ist ein Buchskelett zu sehen. "Das Mahnmal wird erfolgreich sein, wenn es stört", betonte der Kunsthistoriker. Jene störe, die der Meinung sind, man solle die Vergangenheit ruhen lassen, die bis heute die Tatsache schönreden und so tun, als habe es sich um Opfer oder Mitläufer gehandelt.

Die Direktorin des Hauses der Geschichte, Monika Sommer, wies in ihrer Rede auf die Wichtigkeit des Erinnerns hin. "Erinnern ist niemals Selbstzweck." Heute seien wir mehr denn je gefordert zu erinnern, weil die kommende Generation keine Zeitzeugen mehr kennen werde. "Unsere Aufgabe ist es, Orte der Erinnerung gemeinsam mit den letzten Zeitzeugen zu schaffen."

Erzählen und Erinnerns durch Bücher

Auch der Schriftsteller Michael Köhlmeier mahnte in seiner Festrede: "Wer das erzählen aufgibt, begeht Selbstauslöschung." Köhlmeier verwies auf die Bedeutung des Erzählens und Erinnerns in der Literatur durch Bücher. Der Autor erinnerte an die neunjährige Elfriede Frischmann, die 1942 deportiert und ermordet wurde. "Alles was ich über sie weiß, ist in sieben Zeilen gesagt." Er habe in den Gesichtern der Täter gesucht. Gefunden habe er etwa in Eichmanns Gesicht nur "humorlose Banalität" und verwies auf Hannah Arendts Schlussfolgerung "Das Böse ist banal".

Als vierte Festrednerin trat Brigitte Höfert, die Tochter des in Mauthausen ermordeten Deserteurs Karl Rupitsch, auf. Sie dankte in ihrer Rede den Wegbereitern des Mahnmals, wie dem Münchner Künstler Wolfram Kastner, dem Historiker Gert Kerschbaumer, der Initiative Freies Wort und Gemeinderätin Ingeborg Haller.

Das Mahnmahl sei nicht nur zur Erinnerung an den barbarischen Akt der Bücherverbrennung im April 1938. "Es ist auch ein Mahnmal zur Erinnerung an das schlimmste Verbrechen, das Menschen je an Menschen verübt hatten: Den Holocaust – die industrielle Vernichtung von Millionen Menschen", sagte Höfert und verwies auf Heinrich Heine: "Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen." (Stefanie Ruep, 01.05.2018)