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Gleiche Arbeit, gleiche Bedingungen: Für Österreichs Leiharbeiter ist die Lage vergleichsweise gut. Trotzdem fühlen sich viele von ihnen bei weitem weniger wohl – sowohl im Job als auch im Leben – als regulär Beschäftigte.

Foto: Sascha Schuermann/dapd

Wien – Sie werden in der Krise als Erste vor die Tür gesetzt. Auch im Betrieb haben sie keinen leichten Stand. Einerseits stehen sie besonders unter Druck, weil sie von der Firma übernommen werden wollen, andererseits fällt zuweilen der Verdienst schmaler aus als bei der Stammbelegschaft. Sie werden schon einmal niedriger eingestuft. Alles in allem: Gleich sieht für Zeit-, Leasing- oder Leiharbeitskräfte oft anders aus.

Rund 85.000 gibt es in Österreich, bei 4,3 Millionen Erwerbstätigen bzw. 3,7 Millionen unselbstständig Beschäftigten. Die Quote liegt seit Jahren stabil bei rund zwei Prozent. Dennoch ist Johann Kalliauer, Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich, alarmiert. Grund sind die neuen Ergebnisse des Arbeitsklimaindex. Demnach fühlen sich die Arbeitskräfte auf Zeit nicht nur in ihren Jobs sehr viel weniger wohl als jene in regulären Arbeitsverhältnissen. Nur gut die Hälfte ist mit ihrem Leben insgesamt zufrieden. Bei regulär Beschäftigten liegt der Anteil bei 84 Prozent.

Gute Regeln, wenig Zufriedenheit

Doch woran mangelt es den Leiharbeitskräften genau? Immerhin attestiert sogar AK-Mann Kalliauer, dass "das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, der flächendeckende Kollektivvertrag, das Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping sowie der Sozial- und Weiterbildungsfonds" die Leiharbeit in Österreich so gut wie in keinem anderen Land regeln. Zusammengefasst formuliert Christoph Hofinger vom Forschungsinstitut Sora die Ergebnisse der Umfrage so: Leiharbeiter sind mit ihrer Lebenszufriedenheit eher bei den Arbeitslosen angesiedelt als bei den regulär Beschäftigten. Gründe, die Betroffene nennen: die Beziehung zu Kollegen, Status und Rechte in der Firma, aber auch das Einkommen. Der Abstand sei zum Teil erheblich. So macht der Unterschied in Sachen Statusempfinden 25 Prozentpunkte aus, jener hinsichtlich der Rechte 28 Prozentpunkte. Und während neun Prozent der Unselbstständigen angeben, mit dem Einkommen nicht auszukommen, ist der Anteil bei Leiharbeitern dreimal so hoch.

Das Bildungsniveau reiche als Erklärung nicht, sagt Kalliauer: Immerhin hätten 43 Prozent einen Lehrabschluss, 29 Prozent Matura oder Uniabschluss. Besorgniserregend finden Sozialforscher Hofinger wie auch Kalliauer, dass die Schere in Sachen Zufriedenheit zwischen Leiharbeitskräften und regulär Beschäftigten auseinandergehe: "Leiharbeiter sehen sich selbst häufig als Belegschaft zweiter Klasse."

Überstrapaziert

Kalliauer sagt, dass Firmen das an sich sinnvolle Instrument überstrapazieren. Es komme vor, dass in einem Betrieb ein Viertel der Arbeitskräfte Leiharbeiter sei. Deswegen fordert er eine Quote von zehn Prozent. Was derzeit bei manchen Firmen auf betrieblicher Ebene geregelt sei, könnte er sich auch in Gesetzesform vorstellen.

Martin Gleitsmann, Leiter der sozialpolitischen Abteilung der WKO, hält davon wenig: Damit wäre das wichtigste Argument für Unternehmen, die Flexibilität, dahin. Während Gleitsmann außerdem von einem Sprungbrett in reguläre Jobs spricht – 41 Prozent der Zeitarbeiter kämen aus der Arbeitslosigkeit, 14 Prozent kehrten dorthin zurück -, sieht das die AK weniger rosig. Laut einer ISW-Studie wechseln nur 15 Prozent sofort zum nächsten Einsatz – das Idealbild der Leiharbeit. In neun Prozent wurden Betroffene von Firmen übernommen. Entlohnte Stehzeit wurde in nur drei Prozent der Fälle gezahlt. (rebu, 4.5.2018)