Sofia/Wien – Österreich könnte die Führung bei einem Projekt zur ABC-Abwehr gemeinsam mit zentraleuropäischen Staaten im Rahmen der Ständigen strukturierten EU-Militärzusammenarbeit (PESCO) übernehmen. Dies verlautete am Rande des informellen Treffens der EU-Verteidigungsminister am Freitag und Samstag in Sofia.

Auf ein solches Projekt der Abwehr von atomaren, biologischen und chemischen (ABC) Gefahren hätten sich die zentraleuropäischen Verteidigungsminister aus Österreich, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien im Grundsatz bereits verständigt, hieß es. Derzeit würden die Gespräche über die konkrete Ausgestaltung laufen.

Eine Entscheidung über die nächsten PESCO-Projekte soll im November unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft getroffen werden. Ziel der Ständigen strukturierten Zusammenarbeit ist es, die EU in Verteidigungsfragen flexibler und unabhängiger von den USA zu machen. Österreich beteiligt sich vorerst an vier von insgesamt 17 Projekten, bei denen jeweils andere EU-Staaten die Führung übernommen haben.

Das ABC-Abwehr-Projekt soll von der Verteidigungsindustrie unter Beteiligung österreichischer Firmen getragen werden, hieß es in Ratskreisen. Dabei könnte die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) einen Kostenanteil von 20 oder mehr Prozent übernehmen. Gemeinsam mit Mitteln aus dem EU-Rüstungsprogramm EDIDP könnte die Förderung auch auf kleine und mittlere Unternehmen auf bis zu 50 Prozent ausgebaut werden, hieß es.

Rasche Einsatzbereitschaft

Inhaltlich soll bei dem Projekt ein Überwachungssystem mit unbemannten Drohnen und Landfahrzeugen für Lagebilder nach einem ABC-Angriff simuliert werden. In Militärkreisen besteht die Hoffnung, dass das Projekt in etwa eineinhalb Jahren einsatzbereit ist.

Bis zum Jahresende will die EU – ebenfalls unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft – auch über eine Beteiligung von Nicht-EU-Staaten an PESCO entscheiden. Dies betrifft etwa Länder wie Großbritannien nach dem Brexit, die Türkei, die Schweiz und Norwegen. Die Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei sind wegen einer Blockade Ankaras im Rahmen der NATO-"Partnerschaft für den Frieden" belastet. Die Türkei hatte allerdings im März nach einem Treffen zwischen Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) und ihrem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu ihre Blockade für den zivilen Bereich beendet, wodurch Österreichs Vertreterin im Brüsseler NATO-Hauptquartier wieder akkreditiert werden kann.

Neben PESCO ist auch der von der EU-Kommission vorgelegte Plan für mehr militärische Mobilität innerhalb der EU bei Transporten von Rüstungsmaterial und Truppenverlagerungen ein Thema in Sofia. Österreich werde weiterhin nur im Einzelfall Transitgenehmigungen für solche Militärtransporte erteilen, verlautete aus Ratskreisen. Es sollte weiter die "irische Klausel" im EU-Vertrag gelten, welche Rücksicht auf die Bestimmungen neutraler EU-Staaten nehme, hieß es.

Vereinfacht werden sollen aber die Verfahren für solche Transitgenehmigungen innerhalb der EU. In Österreich sind Außen-, Innen- und Verteidigungsministerium zuständig, für EU-Partner soll eine einzige Anlaufstelle geschaffen werden. Auch für Österreich sei dies interessant, etwa bei Auslandseinsätzen des Bundesheeres auf dem Balkan, hieß es. (APA, 5.5.2018)