Vier Zeugen, die nicht bekannt werden wollen, haben die Razzia im BVT mit ihren Aussagen mitausgelöst.

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Wien – In der Causa BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) gibt es jene vier "geheimen" Zeugen, deren Aussagen die BVT-Hausdurchsuchung Ende Februar ausgelöst hatten. Es bestehe Gefahr im Verzug, hieß es damals. Aus den Einvernahmeprotokollen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht diese Dringlichkeit nicht hervor, dafür erlauben sie einen Blick auf die Atmosphäre im BVT.

Zwei der Zeugen wurden von Udo Lett begleitet, einem Mitarbeiter von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Das habe sich ohne sein Zutun und kurzfristig ergeben, erklärte der Minister später. Lett erläuterte sein Dabeisein anlässlich der Einvernahme von Belastungszeugin P. am 21. Februar so: Er habe keine eigene Wahrnehmung bezüglich der Sachverhalte, "die heute Gegenstand der Vernehmung sein werden und von denen ich ausgehe, dass sie Gegenstand eines Verfahrens sind. Ich habe diesbezügliche Informationen informell von Dr. (Peter, Anm.) Goldgruber erhalten". Also vom Generalsekretär im Innenministerium.

Keine Angaben zum Vorwurf

Zeugin P. arbeitete im Nachrichtendienst Gruppe Asien, ihr Chef war einer der nun Beschuldigten. Ihn schilderte die Wirtschaftspsychologin als "cholerisch, unkoordiniert, labil", ungeeignet für Führungsaufgaben. Ob er gesetz- oder dienstpflichtwidrige Anweisungen gegeben habe, wollte die Staatsanwältin wissen. Die Zeugin darauf: "Dazu möchte ich keine Angaben machen."

Ihr Vorgesetzter spielte bei den nordkoreanischen Passrohlingen, die bei den Südkoreanern landeten, eine Rolle. Zeugin P. habe er die in seinem Safe verwahrten Dokumente gezeigt, zuvor habe er sein Büro zugesperrt. "Lass mich mit deinen Geschichten in Ruhe", habe sie ihm gesagt und wollte nur aus dem Zimmer. Denn: "Es ist im BVT nicht ratsam, mit einem Mann in einem zugesperrten Zimmer zu sein." Ganz zuletzt wollte die Staatsanwältin dann noch wissen, wie es eigentlich zu P.s Aussage gekommen sei. Ihre Antwort: "Herr Dr. Lett hat mir einfach gesagt, dass ich heute hierherkommen soll. Ich weiß allerdings noch nicht genau, warum."

Und jetzt noch die Reblaus

Einige Zeit später kam P. wieder zur WKStA, diesmal unbegleitet und vom Bedürfnis geleitet, "ergänzende Angaben" zu machen. Sie erzählte, dass das BVT die nordkoreanische Botschaft observiert habe, allerdings ohne Wissen des Abteilungsleiters, wie sie glaube. Unüblich oft sei die Gruppe Asien mit den südkoreanischen Nachrichtendienstlern zum Heurigen oder ins Restaurant gegangen, auf deren Kosten.

Der genannte Abteilungsleiter, Martin W., wurde stets hinter dem "Konvolut" aus Vorwürfen vermutet, das die Ermittlungen gegen BVT-Beamte und gegen den einstigen Kabinettschef im Innenministerium, Michael Kloibmüller, ins Rollen gebracht hatte. Auch W. ist einer der vier Zeugen, und er bestritt in seiner ersten Aussage am 22. Februar, das "Konvolut" verfasst zu haben. W. war schon bei der ersten Aussage von seinen Verschwiegenheitspflichten entbunden.

Vizechef war wahrer Chef

Er schilderte in seiner ersten Aussage, wie er Leiter der Abteilung Ermittlung und Informationsgewinnung wurde. Kloibmüller habe ihm den Job angeboten, weil der damalige Chef Wolfgang Zöhrer ein Gesundheitsproblem gehabt habe. "Er äußerte mir gegenüber, ich wisse eh, was los ist." Er habe die Abteilung dann auf Vordermann bringen müssen.

Den beschuldigten und suspendierten BVT-Chef Peter Gridling beschrieb W. laut Protokoll, das DER STANDARD kennt, so: "Jeder im Haus wusste, dass der wahre Direktor, der Schattendirektor, Zöhrer war." Der war bis vor kurzem BVT-Vizechef und ist ebenfalls einer der Beschuldigten.

Pässe und Daten

Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, bestimmte Daten nicht gelöscht zu haben beziehungsweise den Auftrag zur Löschung unterlassen zu haben. Dabei geht es zum Beispiel um Daten aus den eingestellten Ermittlungen gegen Rechtsanwalt Gabriel Lansky. Zudem untersuchen die Ermittler die Vorgänge rund um jene nordkoreanischen Passrohlinge, hergestellt von der privaten Österreichischen Staatsdruckerei, die dem südkoreanischen Nachrichtendienst übergeben wurden. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe, und es gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 7.5.2018)