Es ist nicht so, dass das als historisch gefeierte Gipfeltreffen zwischen Nord- und Südkorea als Grund für die Annahme ausgereicht hätte, Diktator Kim Jong-un sei tatsächlich an nachhaltigem Frieden interessiert. Die Aussicht auf echte Zugeständnisse und tatsächliches Entgegenkommen vonseiten des Diktators war eher gering. Denn zwar hat Kim angekündigt, ein Atomtest-Areal zu schließen, von dem unklar ist, ob es überhaupt noch verwendbar ist und noch gebraucht wird. Was mit den vermutlich dutzenden Atombomben passieren soll, die das Land bereits besitzt, bleibt allerdings unklar.

Dass es nun aber aufs Konto der USA gehen könnte, das bevorstehende Treffen zwischen Trump und Kim möglicherweise in die Luft gesprengt zu haben, noch ehe es stattgefunden hat, ist dann doch eine Überraschung. Immerhin hat ausgerechnet der angriffige Mann im Weißen Haus sich in jüngster Zeit mit den aktuellen Bemühungen zur "Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel" gerühmt. Nun stellt sich allerdings immer deutlicher heraus, dass die Kontrahenten unter dieser Formel unterschiedliche Dinge verstehen.

Das Regime in Pjöngjang kündigte zunächst aufgrund eines Militärmanövers Südkoreas mit den Vereinigten Staaten die für Mittwoch geplanten ranghohen Gespräche zwischen den beiden Koreas auf. Der Grund für den Ärger dürfte allerdings woanders liegen – immerhin hat Kim als Zeichen der Entspannung auch die bisherigen gemeinsamen Militärübungen hingenommen. Erbost ist Nordkorea vor allem über Washington und die Töne, die am Wochenende von dort zu vernehmen waren. Weshalb Kim nun zusätzlich damit droht, auch den Gipfel mit Donald Trump abzusagen.

Alte Fehler

Konkret nimmt die nordkoreanische Aussendung Bezug auf Aussagen, die Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton im Fernsehen geäußert hat – jener Falke also, der selbst unter Falken als radikal gilt. Als Staatssekretär unter George W. Bush half er dabei, den später als falsch entlarvten Vorwurf, der irakische Machthaber Saddam Hussein würde Massenvernichtungswaffen besitzen, für einen Kriegsgrund gegen den Irak zu entwerfen. Er hat nie einen Hehl daraus gemacht, gegen das Regime in Pjöngjang sowie auch jenes in Teheran militärisch vorgehen zu wollen.

Am Wochenende erklärte er nun im Fernsehen zum einen die sofortige Totalabrüstung Nordkoreas als Bedingung für den Erfolg der Verhandlungen. Der Nationalist mit Hang zum Interventionismus verglich das Land zudem mit Libyen und Irak und forderte den Abbau der nuklearen, biologischen und chemischen Waffen Nordkoreas nach deren Vorbild. Auf diese Maßnahmen folgten in beiden Fällen Krieg, der Sturz und Tod der beiden Diktatoren.

Dieses Szenario entspringt also exakt Kims Albträumen – weshalb getrost davon ausgegangen werden kann, dass Bolton ganz gezielt in Kauf genommen hat, dass seine Worte die Gespräche, gegen die er sich schon immer gestellt hat, sprengen könnten. Nicht nur aus nordkoreanischer Sicht handelt es sich bei ausgerechnet diesen beiden Beispiele um die wohl ungeeignetsten, die Bolton hätte wählen können.

Um es mit den Worten des republikanischen Senators Rand Paul zu sagen: Bolton scheint geradezu versessen darauf zu sein, alle außenpolitischen Fehler Amerikas der vergangenen 15 Jahre zu wiederholen. Nicht dass ein Kompromiss am Ende nicht dennoch möglich wäre. Die Kluft, die zwischen den Positionen Pjöngjangs und jenen Washingtons liegt, scheint allerdings noch größer zu sein als angenommen. (Anna Giulia Fink, 16.5.2018)