Minister und Spion: Herbert Kickl (FPÖ, links) lässt Peter Gridling das BVT zu einer Staatspolizei umbauen.

Foto: APA/Hochmuth

Wien – Beste Freunde sind sie wohl nicht – aber Profis, die ein gemeinsames Projekt verfolgen, sind sie wohl. Man kennt das aus Filmen über Geheimdienste. Und um einen Geheimdienst ging es auch, als Herbert Kickl sich am Dienstag mit Peter Gridling in den Festsaal des Innenministeriums setzte, um "den Tag eins eines neuen Staats- und Verfassungsschutzes" zu verkünden.

Am Wort: Der Innenminister, ein freundlich lächelnder Freiheitlicher, der in den Akten des bisherigen Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) immer wieder aufgetaucht ist, weil er bei Treffen von rechten Gruppen aufgetreten ist, die unter Beobachtung der Verfassungsschützer stehen. Ob der neu aufzustellende Staatsschutz vielleicht rechte Scheuklappen bekommen soll, wird der Minister von den Journalisten gefragt. Kickl lächelt das weg: "Keinen einzigen blinden Fleck" dürfe es bei der Gefahrenbeobachtung geben, 360 Grad müsse das Beobachtungsfeld der Staatsschützer haben.

Professionelles Verhältnis

Professioneller sollten sie halt sein – und befreit von polizeilichen Aufgaben. "Ich freue mich, dass wir künftig den Fokus auf die Präventionsarbeit legen werden", sagt Gridling. Man hat den Eindruck, dass zwischen ihm und dem Minister, der ihn im März gleichzeitig in seiner Funktion als BVT-Chef bestätigt und suspendiert hat, tiefe sachliche Übereinstimmung herrscht. Und persönlich? Nach der Aufhebung der Suspendierung am 22. Mai herrsche ein professionelles Verhältnis, versichern beide – Gridling allerdings ohne Lächeln.

In der Sache geht es darum, den Verfassungsschutz neu aufzustellen – denn die von Kickl und seinem Umfeld in Gang gebrachten staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen haben nicht nur im Amt selbst, sondern auch in dessen internationalem Umfeld für massive Verunsicherung gesorgt: Wie viel Vertrauen können Partnerdienste einem Geheimdienst entgegenbringen, dessen geheimste Informationen von einfachen Polizisten im Auftrag der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt werden können? Noch dazu, wenn Teile dieser Informationen dann im "Falter" veröffentlicht werden?

Verunsicherte Staatssicherheit

Der "Falter" hat tatsächlich am Dienstag kurz vor Kickls Pressekonferenz Details der Hausdurchsuchung im BVT online bekanntgemacht – und längst geht es dabei nicht mehr um die Affäre um nordkoreanische Reisepässe (was an sich als Staatsgeheimnis zu behandeln wäre), sondern darum, wie Geheimdienstler und Polizisten, das politische Umfeld des Ministers und die Beamtenschaft miteinander rivalisieren.

Das wäre nicht ungewöhnlich, so etwas kommt bei Geheimdiensttätigkeiten schon einmal vor. Dass aber Mails der Betroffenen – die der freiheitlichen Ministeriumsführung einen "Angriff von innen" vorwerfen – in der Öffentlichkeit landen, ist eine neue Qualität. Eine Qualität, auf die Kickl mit dem lakonischen Hinweis reagiert, dass nicht alles, was im Falter abgedruckt wird, auch wahr sein müsse. Immerhin: Dass seine Mitarbeiter im BVT stark verunsichert seien, das räumt auch Gridling ein.

Staatspolizei wie eh und je

Aber er kann weder den Mitarbeitern noch den Journalisten erklären, wie die Zukunft des Staatsschutzes künftig ausschauen könnte. Den Journalisten empfiehlt er, sich mit Spekulationen darüber zurückzuhalten – bis zum Herbst würden die organisatorischen Änderungen geprüft, bis zum nächsten Sommer würden sie dann umgesetzt. Dass alles, was irgendwie nach Polizeiarbeit aussieht, vom BVT zum Bundeskriminalamt (beziehungsweise zu den Landeskriminalämtern) wandern soll und nur mehr die Kernaufgabe der nachrichtendienstlichen Tätigkeit beim BVT bleiben soll, gilt aber als relativ sicher. Damit würde das 2002 aus der Staatspolizei hervorgegangene BVT, an dessen Aufbau Gridling neben seinem Amtsvorgänger Gert René Polli maßgeblich beteiligt war, wieder auf die alten staatspolizeilichen Agenden zurückgeführt.

Gridling sieht das – wie auch Kickl – rechtlich durch das Staatsschutzgesetz gedeckt. Und er versichert, dass man sich beim Umbau, der ja das internationale Vertrauen in die heimischen Staatsschützer und Terrorfrühwarner wiedergewinnen soll, auf externe Expertise und "befreundete Dienste" stützen werde. Dazu muss man wissen, dass die alte Staatspolizei vor der Reform von 2002 stark unter dem Einfluss der CIA gestanden ist. Die Amerikaner wurden von Polli zurückgedrängt, woraufhin diesem alle möglichen Prügel vor die Füße geworfen wurden, bis er schließlich 2007 das Amt an Gridling übergeben musste.

Jetzt also werden die "befreundeten Dienste" wieder ins Boot geholt.

Gleichzeitig wird ein Untersuchungsausschuss des Nationalrats – parallel zur Justiz – die Vorgänge rund um die Nordkorea-Affäre und deren Aufarbeitung zu prüfen versuchen. Schon gibt es politische Aufregung darüber, dass viele der Akten, die den Abgeordneten zur Verfügung gestellt werden, in wesentlichen Punkten geschwärzt sind, weil es um Staatsgeheimnisse geht. Die Neos fordern dazu eine Sondersitzung des Parlaments.
(Conrad Seidl, 29.5.2018)