Wien – Österreichs Wirtschaft hat ihr hohes Wachstumstempo auch heuer im ersten Quartal beibehalten, in Summe damit schon seit über einem Jahr. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag von Jänner bis März real 0,8 Prozent über dem letzten Vierteljahr 2017, bestätigte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) am Mittwoch. Im Jahresabstand gab es 3,4 Prozent Wachstum, mehr als zuletzt gedacht.

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Die Nachfrage der privaten Haushalte ist laut Wifo abermals kräftig gestiegen. Auch die Investitionsnachfrage und der Außenhandel lieferten erneut einen positiven Wachstumsbeitrag, ebenso blieb die Industriekonjunktur stark.

Jahresergebnis nach oben revidiert

Das reale BIP-Wachstum im Jahresabstand wurde vom Wifo für das erste Quartal von 3,1 auf 3,4 Prozent nach oben revidiert; auch für das letzte Vierteljahr 2017 wurde der Anstieg mit 3,2 Prozent nun etwas höher errechnet als die 3,1 Prozent der letzten Schätzung.

Die saison- und arbeitstagbereinigte BIP-Veränderungsrate im Quartalabstand – eine Kennzahl laut Vorgabe des EU-Statistikamts Eurostat – stieg um 0,8 Prozent, um 0,1 Prozentpunkte mehr als bei der Wifo-Schnellschätzung von Ende April. Damit war Österreichs Wachstum im ersten Quartal doppelt so hoch wie jenes, das Eurostat Mitte Mai für Euroraum und EU-28 publizierte, betont das Wifo.

Außenwirtschaft trug zum Wachstum bei

Sowohl Binnennachfrage als auch Außenwirtschaft trugen heuer im ersten Quartal zum Wachstum der heimischen Wirtschaft bei. Die anhaltende Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt sowie eine sehr optimistische Konsumentenstimmung spiegelten sich auch in der Ausgabenbereitschaft der Verbraucher wider. Der Konsum habe somit auch im ersten Quartal eine stabile Wachstumsstütze gebildet. Die privaten Konsumausgaben (samt privater Organisationen ohne Erwerbszweck) wuchsen um 0,4 Prozent (wie auch schon in den drei vorhergehenden Vierteljahren), die öffentlichen Konsumausgaben um 0,3 Prozent (etwas stärker als in den vier vorhergehenden Quartalen mit je 0,2 Prozent).

Die Bruttoanlageinvestitionen (Ausrüstungen und Bau) wuchsen im ersten Quartal mit 0,9 Prozent weiter robust, allerdings hatte der Anstieg im vierten, dritten und zweiten Quartal 2017 im Quartalsabstand noch 1,0 beziehungsweise 1,2 und 1,5 Prozent ausgemacht. Vor allem bei Fahrzeuginvestitionen war eine Abschwächung zu beobachten. Die Nachfrage nach Maschinen und Elektrogeräten verlief dagegen weiterhin gut. Starke Impulse kamen auch von den Bauinvestitionen (plus 0,7 Prozent).

Der Außenhandel lieferte von Jänner bis März erneut einen positiven Beitrag zum Wachstum der Gesamtwirtschaft, wobei sowohl bei den Exporten (plus 0,9 Prozent gegenüber dem Vorquartal nach plus 1,6 Prozent im Schlussquartal 2017) als auch bei den Importen (plus 0,6 nach plus 1,1 Prozent) die Dynamik laut Wifo zuletzt etwas abnahm.

Industrieboom hielt an

Der Boom in der Industrie hielt im Berichtsquartal an. In der Sachgüterproduktion stieg die Wertschöpfung mit 2,3 Prozent ebenso stark wie im Schnitt des Jahres 2017. Auch von der Bauwirtschaft kamen laut Wifo erneut positive Impulse (plus 0,5 Prozent nach plus 0,9 Prozent im vierten Quartal). Die Dienstleistungsbereiche unterstützten das Wirtschaftswachstum ebenfalls. Die Wertschöpfung im Handel stieg um 0,2 Prozent, nach 0,3 Prozent im Vorquartal beziehungsweise 0,8 Prozent im dritten Vierteljahr 2017. Bei freiberuflichen, wissenschaftlichen, technischen und sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen wuchs die Wertschöpfung um ein Prozent.

Am 29. Juni wollen das Wifo und das Institut für Höhere Studien (IHS) ihre nächsten vierteljährlichen Konjunkturprognosen vorlegen. Zuletzt, im März, gingen die beiden Institute für 2018 von 3,2 (Wifo) beziehungsweise 2,8 (IHS) Prozent Realwachstum aus, für 2019 von schwächeren 2,2 beziehungsweise 1,9 Prozent. Für 31. Juli ist die Wifo-Schnellschätzung für die BIP-Entwicklung im zweiten Quartal geplant.

OECD erwartet 2018 höheres Wirtschaftswachstum in Österreich

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ihre Wachstumsprognose für Österreich erneut angehoben. 2018 dürfte die heimische Wirtschaft um 2,7 Prozent wachsen, im November 2017 waren die Pariser Experten noch von einem 2,5-prozentigen Plus ausgegangen. Für 2019 sagt die OECD nun einen Anstieg von 2,0 (1,8) Prozent voraus.

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Im Jahr 2017 dürfte das österreichische Bruttoinlandsprodukt (BIP) überhaupt um 3,1 Prozent gewachsen sein. "Dank eines günstigen Zusammenspiels nationaler und internationaler Einflussfaktoren erreichte das Wachstum in Österreich ein so hohes Niveau wie es seit dem kräftigen Aufschwung im Anschluss an die weltweite Finanzkrise nicht mehr verzeichnet worden war", erklärte die OECD in ihrer am Mittwoch veröffentlichten Frühjahrsprognose. Ende 2017 scheine der Konjunkturzyklus seinen Höhepunkt erreicht zu haben, "das strukturelle Wachstum bleibt jedoch robust". Heuer stützten nach Ansicht der OECD die robuste Beschäftigung und die Lohnzuwächse den privaten Konsum.

Schule und Betreuungsplätze sollen ausgebaut werden

Die ÖVP/FPÖ-Regierung wird von der OECD zu einem Ausbau der Ganztagsschul- und Kinderbetreuungsplätze am Land aufgerufen. Nach wie vor gebe es derer zu wenig, was die Erwerbstätigkeit von Frauen bremse. Generell steige die Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen und Älteren. Die Arbeitslosenquote dürfte 2018 auf 5,1 Prozent und 2019 weiter auf 4,9 Prozent zurückgehen, nach 5,5 Prozent 2017.

Die Kerninflation in Österreich ist nach wie vor höher als im Euroraum, was die OECD teils auf höhere Preise in Wirtschaftsbereichen zurückführt, die mit dem boomenden Tourismus in Zusammenhang stehen. Die Teuerung dürfte heuer und nächstes Jahr weiter anziehen. Für 2018 rechnet die OECD mit einer Kerninflation (Verbraucherpreise ohne Essen, Energie, Alkohol und Zigaretten) von 2,2 Prozent, 2019 werden 2,4 Prozent erwartet, nach 2,1 Prozent im Jahr 2017. Den harmonisierten Verbraucherpreisindex sieht die OECD 2017 bei 2,2 Prozent, 2018 bei 2,1 Prozent und 2019 bei 2,3 Prozent.

Sparquote dürfte sich stabilisieren

Die Sparquote der privaten Haushalte dürfte sich nach Schwankungen infolge der 2016 in Kraft getretenen Steuerreform stabilisieren. Dieses Jahr dürften die Haushalte 6,6 Prozent ihres verfügbaren Einkommens zur Seite legen, kommendes Jahr 6,2 Prozent, nach 6,4 Prozent im Vorjahr.

Das Staatsdefizit sinkt weniger stark als angesichts des kräftigen Wirtschaftswachstums zu erwarten wäre, bemerkt die OECD. Die Regierung solle ihre öffentlichen Ausgaben eindämmen, insbesondere soll die Verwaltung effizienter werden und bei Staatsfirmen soll weniger ausgegeben werden. Auch "Spending Reviews", also Analysen, die zeigen, welche Aus- und Aufgaben noch zeitgemäß und nötig sind, sollen wie angekündigt stärker genutzt werden, so die OECD.

Diese Einsparungen sollten dazu dienen, die Auswirkungen der geplanten Steuerentlastungen auf das strukturelle Haushaltssaldo auszugleichen.

Die Staatsschuldenquote dürfte dank der Konjunkturbelebung und der Abwicklung der Aktiva von Bad Banks rascher sinken als die Fiskalregeln vorsehen. Die Schuldenquote nach Maastricht-Kriterien wird für 2017 bei 78,2 Prozent des BIP, für 2018 bei 76,3 Prozent und für 2019 bei 74,1 Prozent gesehen. Nach den Maastricht-Vorgaben sind maximal 60 Prozent des BIP erlaubt.

Wenn die öffentlichen Ausgaben effizienter gestaltet sind, sollten die freiwerdenden Mittel in den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen und Ganztagsschulen gesteckt werden, so die OECD. Weiters soll die Regierung die Einführung digitaler Technologien in Unternehmen und privaten Haushalten fördern – durch die Subventionierung von Programmen für lebenslanges Lernen. Auch solle die digitale Infrastruktur aufgerüstet werden. "Durch eine rasche Umsetzung der 'Digital Roadmap' Österreichs mit zeitlichen und quantitativen Zielvorgaben könnte die Akkumulation von Wissenskapital beschleunigt werden", meint die OECD.

Wagniskapital fördern

Weiters soll die Regierung nach Meinung der OECD Wagniskapital und andere Formen der Beteiligungsfinanzierung stärker fördern. Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) seien derzeit in erster Linie auf Bankkredite angewiesen.

Die heimische Wirtschaftstätigkeit dürfte insgesamt dynamisch bleiben. "Die Einkommen der privaten Haushalte werden weiterhin von einem robusten Beschäftigungsaufbau profitieren und das Reallohnwachstum wird ein positives Vorzeichen erhalten." Eine Steigerung der Exportmarktanteile würde der Investitionstätigkeit und dem Wachstum Auftrieb geben. Umgekehrt könnte die Konkurrenz aus Osteuropa die heimische Exportleistung schmälern. "Sollten die Reformanstrengungen nachlassen, könnte das Wachstum enttäuschen, dagegen könnten die Investitionstätigkeit und der Verbrauch bei anhaltend gutem Konsum und Geschäftsklima kräftiger als erwartet ausfallen."

Weltweites Wachstum von 3,8 Prozent

2018 soll die Wirtschaft weltweit um 3,8 Prozent zulegen, um 0,1 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Allerdings waren die Experten im März noch etwas optimistischer gewesen. Im kommenden Jahr soll ein Plus von 3,9 Prozent erreicht werden. Gurria wies jedoch darauf hin, dass dieses Wachstum noch stark von der Geldpolitik der Zentralbanken und Konjunkturmaßnahmen der Regierungen getragen werde. Regierungen sollten mehr Strukturreformen umsetzen, um ein robusteres Wachstum zu sichern, so die OECD. Und wenn die Zentralbanken die sehr niedrigen Zinsen auf Normalwerte zurückführen, könne dies in Ländern mit einem hohen privaten Schuldenstand zu Problemen führen. (APA, 30.5.2018)