Der Auftritt war so angesetzt, als wäre Gefahr im Verzug. Ungewöhnlich früh und kurzfristig hatte die vier Mann hoch angetretene Regierung ins Kanzleramt geladen, um die Medien über die Schließung von sieben Moscheen und die Ausweisung etlicher Imame zu unterrichten. Botschaft: Beim Kampf gegen radikale Muslime schlafen wir keine Sekunde.

Machen ÖVP und FPÖ – wie beim jüngsten Getöse um die angebliche neue Balkanroute für Flüchtlinge – wieder einmal aus einer Mücke einen Elefanten, um eines ihrer Leibthemen am Köcheln zu halten? Bei allem Hang der Koalition zur aufgeblasenen Inszenierung darf nicht übersehen werden: Dass es in manchen Moscheen und ähnlichen Einrichtungen islamistische Umtriebe gibt, ist keine Erfindung türkis-blauer PR-Profis, sondern Berichten von Verfassungsschützern, Jugendarbeitern oder Aussteigern aus dem Jihadistenmilieu zu entnehmen. Hat die Behörde handfeste Belege parat, soll sie durchgreifen – und problematische Häuser schließen.

Ausbreitung eindämmen

Das Argument, dass Extremisten so nur in den unkontrollierbaren Untergrund abgedrängt würden, ist in dem Fall nicht stichhaltig – nach dieser Logik müsste der Staat auch Nazi-Vereine tolerieren. Natürlich verschwinden die Radikalen nach einem Verbot nicht einfach vom Erdboden, doch zumindest lässt sich die Ausbreitung des Virus eindämmen. Einschlägige Moscheen sind ja nicht nur Treffpunkt der bereits Überzeugten, sondern auch Ort der Rekrutierung. In einem geheimen Hinterhofkobel fällt es schwerer, neue Sympathisanten zu ködern, als in einer öffentlichen Gebetsstätte mit regem Besuch.

Ob aber auch den von der Regierung ins Visier genommenen Einrichtungen die harte Hand gebührt, lässt sich anhand der veröffentlichten Informationen schwer beurteilen. Kultusminister Gernot Blümel nannte keine konkreten Beispiele für die geahndeten Verfehlungen, sondern verwies lediglich vage auf Berichte in den Medien. Das macht umso misstrauischer, als das Islamgesetz der Behörde bedenklich viel Spielraum einräumt. Islamische Religionsgesellschaften haben nur dann ein Existenzrecht, wenn "eine positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat" besteht, heißt es da: Aus einem solchen Gummiparagrafen lässt sich einer unliebsamen Gruppe rasch ein Strick drehen.

Seitenhiebe gegen SPÖ

Wohltuend fällt hingegen der Tonfall der Regierung auf. Das Ausschlachten von Vorfällen, die Muslime in ein schiefes Licht rücken, war in der Vergangenheit nicht nur eine Spezialität der FPÖ, sondern auch dem heutigen Kanzler Sebastian Kurz nicht fremd. Diesmal fiel die Rhetorik bis dato weitgehend sachlich aus, fernab von Pauschalurteilen. Es sei kein Widerspruch, gläubiger Muslim und stolzer Österreicher zu sein, betonte Blümel, selbst Heinz-Christian Strache sagte: Muslimische Bürger hätten es nicht verdient, wegen Extremisten unter Generalverdacht zu geraten.

Allerdings war es auch der Vizekanzler, der dann doch aus der (Regierungs-)Rolle fiel und zum Rundumschlag in Oppositionsmanier ausholte – samt Seitenhieben gegen die SPÖ, die stets nur wegschaue. Das ist nicht nur eine Chuzpe, weil bereits im Oktober 2017 das damals noch rote Kultusamt 60 Imame wegen verbotener Auslandsfinanzierung dem (schwarzen) Innenministerium gemeldet hat. Strache hat einst auch jenes Islamgesetz, auf das er heute pocht, verteufelt: als Placebo, das nie und nimmer wirken werde. (Gerald John, 8.6.2018)