Das traditionelle Gruppenfoto.

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Trump will beim G7-Gipfel Handelsverhältnisse "ausbügeln". US-Alliierte sehen darin Vormachtpolitik.

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Kanadisch-französische Freundschaft.

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Der G-7-Gipfel in Kanada steht wegen des offenen Streits der anderen Partner mit US-Präsident Donald Trump vor dem Scheitern. Obwohl die ganze Nacht an Texten gearbeitet worden sei, stehe immer noch nicht fest, ob es die übliche gemeinsame Abschlusserklärung geben werde, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Samstag aus Teilnehmerkreisen.

Noch könne aber nicht davon gesprochen werden, dass es keine Chance mehr gebe, doch noch zu einer Lösung zu kommen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Freitag erklärt, auch wenn es kein gemeinsames Abschlusskommunique gebe, sehe sie das G-7-Format der sieben westlichen Industrienationen USA, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien nicht am Ende.

"Alle gegen einen"

"Alle gegen einen" lautet das inoffizielle Motto des laufenden G7-Gipfels in Kanada. Der nun isolierte US-Präsident Donald Trump hat seine sechs Gesprächspartner spätestens Anfang Juni mit Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium vor den Kopf gestoßen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat nach Gesprächen mit Gastgeber Justin Trudeau dazu aufgerufen, sich geschlossen der amerikanischen "Vormachtpolitik" zu widersetzen.

Trump selbst sieht die Situation naturgemäß anders: Vor seiner Anreise zum Veranstaltungsort Charlevoix schrieb er auf Twitter, er erwarte sich, unfaire Handelsdeals mit den G7-Staaten auszubügeln. "Wenn das nicht gelingt, steigen wir sogar besser aus!" Damit deutet Trump an, die USA könne durch weitere Handelsschranken ihre Ziele im Alleingang erreichen – konkret: eine Verbesserung der Handelsbilanz in der Old Economy. Denn der US-Präsident kritisiert das US-Defizit gegenüber anderen G7-Ländern beim Güterhandel. Dabei haben die USA gegenüber der EU zuletzt ein Defizit von 153 Milliarden Dollar. Dementsprechend empört ist Trump über höhere Zölle der Handelspartner auf Agrarprodukte oder Autos.

Verzerrte Wahrnehmung

Der US-Präsident habe eine "verzerrte Wahrnehmung", betont Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr. "Er spricht nur von dem US-Defizit bei den Waren, verschweigt aber, dass die USA bei Dienstleistungen und Unternehmensgewinnen einen massiven Überschuss gegenüber der EU erwirtschaften." Denn in der New Economy dominieren Internetriesen wie Alphabet, Amazon oder Facebook. Die gesamte Leistungsbilanz (Güter, Dienstleistungen und Transfers von Gewinnen) ergibt sogar US-Überschüsse mit der EU und Kanada, nicht aber mit Japan.

Entsprechend unterschiedlich gestalten sich auch die Positionen im Handelskonflikt. Ob die übrigen G7-Länder eine internationale Front gegen die USA aufstellen, bleibt ungewiss.

Die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft, China, ist gar nicht Teil der G7. Peking verhandelt bereits seit Wochen über eine bilaterale Lösung im Handelsstreit.

Im Widerspruch zu den meisten G-7-Partnern hatte Trump zuvor mit dem Vorschlag überrascht, Russland wieder in den Kreis aufzunehmen und den illustren Club erneut zur G-8 zu machen. "Russland sollte am Verhandlungstisch sitzen", erklärte Trump noch in Washington.

Der Kreml äußerte sich zurückhaltend zu dem Vorschlag. "Wir legen den Akzent auf andere Formate", sagte ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Die EU, lehnte eine Wiederaufnahme Russlands umgehend ab. Die 7 sei eine "Glückszahl", sagte Ratspräsident Donald Tusk.

Vieraugengespräch mit Macron

Vor Beginn des Gipfels traf Trump mit dem französischen Präsidenten zu einem Vieraugengespräch zusammen. Emmanuel Macron twitterte danach: "Im Dialog, noch immer und immer wieder." Er werde nicht lockerlassen und versuchen, Trump zu überzeugen. Die EU hat mit einer Digitalsteuer ein Drohmittel. Zollsenkungen auf Autos würden europäische Firmen kaum tangieren.

Vorzeitiger Abgang

Kanada steckt als einziges G7-Land in Verhandlungen mit den USA über einen existenten Handelsvertrag, Nafta. Tokio hielt sich mit Vergeltungsmaßnahmen bisher zurück, um seinen wichtigsten Alliierten nicht zu vergrämen.

Trump kündigte an, den Gipfel in Kanada vorzeitig zu verlassen. Damit könnte er der unangenehmen Situation entgehen, dass sechs Länder eine Gipfel-Erklärung ohne die USA verabschieden. Ob auf Worte auch Taten folgen, die USA zu isolieren, bleibt abzuwarten, denn die Front könnte rasch bröckeln. (Leopold Stefan, 8.6.2018)